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: Einstürzende Klangtürme

Weil es in Bremen nun schon seit Jahren eine intensive, fast systematische Anton-Bruckner-Pflege gibt, war der Auftritt des Orchestre des Champs-Élysées unter der Leitung von Philippe Herreweghe ein hochinteressantes Ereignis. Denn dieses Orchester spielt Bruckner auf alten Instrumenten. Das bedeutet Darmsaiten bei den Streichern und weitgehende Klappenlosigkeit bei den Bläsern.

Sehr viel deutlicher als mit dem modernen Orchesterklang vermittelte sich so die unorganische, additive Kompositionsweise: Bruckner reiht Einfall an Einfall, schmeißt keinen wieder raus, baut Katastrophen auf, lässt Klangtürme regelrecht zusammenstürzen, zeigt zwischendurch, dass er auch eine gute Fuge komponieren kann. Dieser „Klangdom“, so Bruckner, ging unter die Haut.

Dies war auch der Fall bei der Wiedergabe der „Kindertotenlieder“ von Gustav Mahler. Die gespenstische Fahlheit und maßlose Trauer der fünf Lieder sang Andreas Schmidt mit seiner beispielhaften Legatostimme. Trotz der düsteren Seelenbeklemmung, die Herreweghe und Schmidt erreichten, befriedigte die Aufführung nicht restlos. Der Zyklus ist für einen Mezzo geschrieben und liegt für einen Bariton viel zu hoch. Darüber konnte auch die gut ausgebildete Kopfstimme von Andreas Schmidt nicht hinwegtäuschen. Ute Schalz-Laurenze