„Wir waren die harten Jungs“

Sogar Milizionäre aus Simbabwe, die „green bombers“, fliehen inzwischen nach Südafrika. Sie seien zum Terror gezwungen worden, sagen sie und haben nun selbst Angst um ihre Leben

JOHANNESBURG taz ■ Die beiden jungen Männer sitzen in einem schmutzigen Betonraum auf einem Autoreifen und einer leeren Bierkiste. Aus den Mietwohnungen darüber schallt Kindergelächter. Die beiden Simbabwer wohnen in dem Keller in Yeoville, einem mit Immigranten aus Afrika überfüllten Wohnviertel Johannesburgs. Wenige Wochen zuvor wüteten sie noch als Milizionäre in Simbabwe, genannt „green bombers“ wegen der grünen Uniformen der regierungstreuen bewaffneten Gruppen. Jetzt sitzt ihnen die Angst selbst im Nacken. Vor den eigenen Landsleuten.

„Wir waren die harten Jungs“, sagt schüchtern der 21-jährige Gumisai Sibanda. Er zählte zur „A-Gruppe“ der in Kategorien eingeteilten Milizen, die in Simbabwe Häuser niederbrennen und Oppositionelle foltern. Wer in der A-Gruppe war, durfte alles. Mit einer AK-47 und einem 5-Liter-Kanister Benzin war Gumisai bewaffnet, um nachts weiße Farmer zu überfallen. „Morgens um drei Uhr wurden wir geweckt, damit wir sie überraschen und angreifen können“, sagt er beschämt und gesteht: „Ich habe nicht mit der Waffe getötet, aber mit Benzin.“

Die Schlägertrupps der Regierungspartei Zanu-PF hätten ihn gezwungen, erzählt er. Er sei noch zur Schule gegangen, doch sie hätten ihn verfolgt und geschlagen, um ihn in der Milizentruppe einzuspannen. Er krempelt das Hosenbein hoch und zeigt seine Narben. Die Milizionäre nahmen ihn in ein Jugendlager mit und gaben ihm Fitnesstraining – und dann Essen, Waffen, Drogen und Alkohol.

Sein Freund Themba Skozana ist nur 19 Jahre alt. „Wir sind zwei Monate lang den Berg hoch- und runtergelaufen, haben auf Zielscheiben geschossen“, erinnert er sich. „Dann gab es ein Zertifikat.“ Er gehörte nicht zur A-Kategorie, doch die Befehle waren die gleichen: „Wir sollten töten. Wenn wir uns weigerten, drohten sie, uns umzubringen.“ Die Gewalt sei zwar nicht mehr so intensiv wie vor und während der Präsidentschaftswahlen im März 2002, doch die Terrorkommandos seien immer noch am Werk.

„Es war Unrecht“, findet Themba und schüttelt den Kopf. „Ich fühle mich schlecht.“ Das Schlimmste, was er getan hat: ein Haus niedergebrannt, in dem sich kleine Kinder befanden. „Ich war sehr betrunken und voller Drogen“, entschuldigt er sich. Gumisai erzählt von Milizenkämpfern, die ihre Eltern umbrachten, weil diese der MDC angehörten. Er schämt sich. „Ich bin ein Kind des Satans“, sagt er, fast im Flüsterton.

Als Belohnung wurde den Milizionären ein besseres Leben versprochen – ein Stück Land, Geld, Arbeit, ein Auto. Nichts ging in Erfüllung. So zogen sie nach Südafrika – wie inzwischen eine ganze Reihe von „Überläufern“.

In Südafrika hoffen Themba und Gumisai auf Hilfe, die sie nicht bekommen. Sie leben von der Hand in den Mund. Laut Polizeiangaben ist ein Großteil der illegalen Flüchtlinge aus Simbabwe in kriminelle Machenschaften verwickelt. Ihre Familien daheim sind nun in Gefahr, fürchten die beiden. Und Spitzel aus der Zanu-PF unterwandern die Flüchtlingsszene. „Wenn sie uns hier finden, sind wir tot.“ MARTINA SCHWIKOWSKI