Zack, zack, funktionieren

Viele Studierende quälen Versagensängste oder die Furcht, den wissenschaftlichen Anforderungen nicht zu genügen: Die psychologische Beratung der Universität hilft kostenlos – auch bei Suchtproblemen

Von TONIO POSTEL

Zwei Türen hat Zimmer 221, eine aus Holz, eine mit schalldichten Polstern. Kein Wort, das hier gesprochen wird, ist für die Ohren der Außenwelt bestimmt. Hier ist also der Ort, an dem Studierende Intimes einer fremden Person anvertrauen. Im Raum stehen viele Pflanzen, weich gepolsterte Stühle laden zum Zurücklehnen ein.

„Vielen ist es sehr peinlich fremde Hilfe anzunehmen“, erklärt Helga Wohllebe-Christoph, Psychologin am „Zentrum für Studienberatung und Psychologische Beratung“ der Universität. Besonders Wirtschaftswissenschaftler und alle anderen, „die immer zack, zack funktionieren müssen“, zählt sie dazu.

Die Ratsuchenden quälen häufig Versagensängste und die Frage, „habe ich genug und das Richtige gelernt?“, berichtet die Therapeutin. Sie befürchten, den wissenschaftlichen Anforderungen nicht gerecht zu werden und stellen deshalb ihre Persönlichkeit in Frage.

Doch kapitulieren ihre BesucherInnen selten. „Sie müssen sich darüber klar werden, dass sich alles nur im Kopf abspielt und überwindbar ist. Fast alle schaffen das“, sagt die Expertin, die zunächst ausführlich den Schilderungen der KlientInnen lauscht, ehe sie selbst Ratschläge gibt.

Die meisten Probleme bereiten den rund 360 betreuten Studierenden Identitäts- und Selbstwertprobleme (42 Prozent). Aber auch Lern- und Arbeitsstörungen (39 Prozent), Prüfungsängste (29 Prozent) und Depression (26 Prozent) sind Gründe, weshalb Wohllebe-Christoph und ihre sechs KollegInnnen aufgesucht werden. Seltener sind Kontaktschwierigkeiten und Partner- beziehungsweise Familienprobleme. Aber auch Drogen- und Alkoholsucht spielt im Beratungs-Alltag zunehmend eine Rolle.

Im Schnitt nehmen die Ratsuchenden fünf Termine wahr, die Obergrenze, die nur in Ausnahmefällen überschritten wird, liegt bei 30 Terminen. Sind die Probleme größer, werden externe PsychologInnen empfohlen.

„Ich finde es sehr wichtig, dass es einen geschützten Raum gibt, an dem selbstverständlich Schweigepflicht herrscht“, sagt Wohllebe-Christoph. Auch die Regelstudienzeit und die Studiengebühren von 500 Euro, die ab dem Sommersemester 2004 für Langzeitstudierende erhoben wird, setzten viele unter Druck (siehe Seite 6). „Dabei heißt es doch, dass die Uni mehr und schneller Absolventen produzieren soll“, wundert sie sich. Dies sei sicher der falsche Weg.

Wohllebe-Christoph, die seit 25 Jahren an dem 50 Jahre alten Zentrum arbeitet, erinnert sich noch an früher, als die Leute noch weniger offen waren. Inzwischen, so ihre Beobachtung, können auch die Männer besser über ihre Gefühle sprechen, sonst konnten dies immer nur die Frauen, blickt sie zurück. Entscheidend sei jedoch generell das Elternhaus. Ob man gelernt hat, mit Problemen umzugehen oder sie in sich hineinfrisst.

Für die psychologische Beratung ist eine schriftliche Anmeldung nötig; die Studierenden müssen dafür nicht bezahlen, doch sind Spenden willkommen. Das Angebot des Zentrums umfasst auch präventive Sitzungen: „Das Examen gut im Griff“, heißt ein Kurs, „Zeit- und Selbstmanagement im Studium“ oder „Schluss oder Abschluss“.