Mittelaltermusik

„Honolulu“ (Sa., 23.30 Uhr, BR) vereint Kurzfilme deutscher Nachwuchsregisseure zur elegischen Warteschlange an der Bushaltestelle des Lebens. Und zeichnet ein liebenswertes Lob der Provinz

von SILVIA HELBIG

Ohne Auto geht gar nichts. Zumindest in der Provinz. Da sitzt man rum und wartet. Man hat viel Zeit und unterhält sich sogar mit fremden Leuten. Gar keine schlechte Idee, wie sich in dem Episodenfilm junger Nachwuchsregisseure der Münchner Filmhochschule zeigt.

In der Manier von „Short Cuts“ verknüpfen die DebütantInnen ihre Geschichten über junge Leute, die auf den Bus warten. Der ist natürlich gerade abgefahren. Das passt aber. Denn die Protagonisten haben eh das Gefühl, von ihrem Leben immer nur die Rücklichter zu sehen. Da ist zum Beispiel Marek (Daniel Brühl), der im Busdepot als Sicherheitsmann arbeitet. Als er vor seiner Wohnungstür die betrunkene Nadja trifft, ist er aber total verunsichert.

Nadja hat die ganze Nacht durchgemacht und will jetzt weiter tanzen. Marek hat aber nur Mittelaltermusik zu bieten. Doch da das Angebot an Traummännern in der Provinz nicht so groß ist, schlägt Nadja trotzdem zu.

Auch die anderen Landbewohner sind nicht wählerisch. Anna Thalbach ist fest entschlossen, den Menschen aus einer Kontaktanzeige zu heiraten, den sie bisher nur auf einem Foto gesehen hat. Busfahrerin Charlie (Isabella Parkinson) gabelt die betrunkene Tussi Franziska (Eva Haßmann) auf, mit der sie dann sogar nach Honolulu fahren will.

Alle jungen Menschen wollen weg und träumen von Liebe und Abenteuern – darin sind sich die sieben Regisseure einig. Variiert wird nur der Grad des Betrunkenseins, in dem man mit dem Nächstbesten anbändelt. Der entpuppt sich manchmal aufregender als gedacht und meistens langweiliger als erträumt.

Trotzdem: Ob beim Trampen in die Großraumdisco oder nachts im Schwimmbad – in der Pampa ist was los, in der Pampa pulsiert das Leben.

Wir wissen natürlich, dass man normalerweise in solchen Gegenden grau wird, bis was Aufregendes passiert. Trotzdem gelingt es den jungen Regisseuren, die lichten Augenblicke einer Kleinstadtjugend so einzufangen, dass man sich am liebsten selbst sofort in den Bus schwingen möchte. Ab in die Provinz.