Ärzte kümmern sich nicht um Organspender

Die Zahl der Organspenden in NRW liegt 30 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt. Bei einer regionalen Konferenz in Bochum forderte Gesundheitsministerin Fischer die Ärzte auf, sich um mehr Bereitsteller von Organen zu bemühen

RUHR taz ■ Die nordrhein-westfälische Gesundheitsministerin Birgit Fischer (SPD) will sich nicht damit abfinden, dass viele Menschen sterben, weil Spenderorgane fehlen. Das sagte sie gestern bei einem Treffen mit Vertreterinnen und Vertretern der Krankenhäuser aus Bochum, Dortmund und Herne. „Wir brauchen eine ‚Aktion Leben retten‘, so Fischer.

Die Zahlen sind tatsächlich erschreckend: Im Bundesdurchschnitt spenden jährlich nur 13 von einer Million Menschen ihre Organe, in NRW sind es sogar nur acht. „Dabei ist Nordrhein-Westfalen das Land, das wegen der hohen Bevölkerungsdichte am meisten Spenderorgane erhält“, sagt Sieghart Niggemann, Leiter der Ersatzkrankenkassen in Westfalen-Lippe. Von den 10.000 Nierenkranken in Deutschland könnten mangels Spenderorganen nur rund ein Viertel der Transplantationen durchgeführt werden.

Doch die Spendewilligkeit der Menschen ist eigentlich groß. Umfragen belegen, dass etwa 80 Prozent der deutschen Bevölkerung ihre Organe zur Verfügung stellen würden – auch wenn sie keinen Spenderausweis haben. Der ist auch seit dem Inkraftreten des Transplantationsgesetzes 1997 gar nicht mehr nötig: Wenn Verwandte bezeugen können, dass eine Entnahme von Leber, Niere oder Herz im Sinne des Gestorbenen gewesen wäre, reicht dies für eine Transplantation. Und die Zustimmung von Angehörigen steigt sowohl in NRW als auch bundesweit.

Doch das Problem scheint woanders zu liegen: Die Krankenhausärzte sind diejenigen, die beim Hirntod eines Patienten wissen, ob er als Spender geeignet ist. Sie sind diejenigen, die an die Verwandten des Gestorbenen herantreten und sie um die Bereitstellung von Organen bitten können. „Die Ärzte sitzen am Nadelöhr“, sagt Martin Blümke, geschäftsführender Arzt der Deutschen Stiftung Organspende (DSO). Nur etwa ein Drittel der fast 500 Krankenhäuser in NRW bemühe sich jedoch um neue Spender. „Wenn alle bisher inaktiven Krankenhäuser einen Spender finden würde, könnten wir die Zahl um ein Drittel im Jahr steigern“, so Blümke. Aber die Ärzte würden oft gar nicht auf die Idee kommen, einen Patienten als potentiellen Spender zu betrachten.

Auch die Ministerin geht angesichts der weiter sinkenden Spenderzahlen mit den Krankenhausärzten hart ins Gericht. „Die Krankenhäuser haben die gesetzliche Pflicht die Organspende zu fördern“, stellt Fischer klar. Die Kliniken müssten bei geeigneten Patienten die Voraussetzungen prüfen und das Gespräch mit den Angehörigen suchen. „Dabei ist es wichtig, dass Klinikleitungen, Ärztinnen und Ärzte wie auch das Pflegepersonal gut zusammenarbeiten“, appelliert sie. Denn 2002 hatte die Initiative „Gemeinschaftsaktion Organspende“ gegründet, um die Zahl der Spender zu erhöhen. Ziel sollte es sein, in allen Krankenhäusern mit Intensivstationen „Kommunikationsteams“ als Beauftragte für die Organspende einzurichten. Ergebnis: Nur etwa 36 Prozent aller Krankenhäuser hatten 2003 ein solches Kommunikationsteam eingerichtet. NATALIE WIESMANN