Im schwarzen Dunstkreis

Mit Verboten will Bildungssenatorin Dinges-Dierig Hamburgs Schulen zu rauchfreien Zonen machen – und erntet dafür Kritik von allen Seiten. Nicht wegen der Verbannung der Glimmstängel, sondern wegen unpädagogischer Symbolpolitik

von sven-michael veit

Mit der Verhängung eines absoluten Rauchverbots will Bildungssenatorin Alexandra Dinges-Dierig die Glimmstängel aus Hamburgs Schulen verbannen. Einen entsprechenden Erlass „noch in diesem Schuljahr“ kündigte sie gestern bei der Eröffnung des Nichtraucherwettbewerbs „Be Smart – Don‘t Start“ an (siehe Kasten). Zurzeit würden in der Behörde noch „juristische Details“ erörtert, so die parteilose Senatorin, aber nicht mehr lange: „Diese Prüfung steht vor dem Abschluss.“ Und danach werde Schluss sein mit dem Qualm, für SchülerInnen und LehrerInnen gleichermaßen.

Doch selbst mit einem solchen Vorstoß – der gemeinhin als populär gelten dürfte – vermag die umstrittene Senatorin keinen ungeteilten Beifall zu ergattern. Dass Kinder und Jugendliche nicht rauchen, sei zwar „wünschenswert“, sagt GEW-Sprecherin Ilona Wilhelm. Damit befindet sich die Gewerkschafterin im Konsens mit allen, die zum Thema zu äußern sich berufen fühlen. Ebenso übereinstimmend ist aber auch die Ansicht, dass „Verbote der falsche Weg sind“, so die Einschätzung von Holger Gisch, Vorsitzender der Hamburger Elternkammer, ebenso wie von SPD-Schulpolitikerin Britta Ernst.

Das Ziel sei „ja richtig“, sagt Gisch, „eher zweifelhaft“ aber sei „die Durchführbarkeit“ eines Rauchverbots: „Wer soll das kontrollieren und wie?“, fragt er sich und die Senatorin, und welche Strafen sollten auf unerlaubten blauen Dunst stehen? Besser wäre es, das hat die Elternkammer der Behörde bereits im Vorwege schriftlich gegeben, „wenn die einzelnen Schulkonferenzen über Maßnahmen und Ausnahmen beschließen“ dürften. Zudem seien „Aufklärung und Prävention“ unabdingbar, findet auch Ernst, die „auf Einsicht setzt, nicht auf Anordnungen“.

„Diskussionsprozesse an den Schulen sind besser als kontraproduktive Verbote“, bekräftigt ebenfalls Wilhelm. Vor allem für Jugendliche hätten Verbote bekanntlich den Reiz, dagegen zu verstoßen: „Pädagogisch ist das ausgesprochen unklug.“ Erforderlich seien zumindest „flankierende positive Maßnahmen“ wie die Unterstützung und Intensivierung von Anti-Drogen-Projekten. „Intensive Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit“ befürwortet auch Ärztekammer-Präsident Michael Reusch. Das sei „sicher von dauerhafterem Erfolg als ein Verbot“.

Genau mit diesem Thema hatte Dinges-Dierig Ende Juni ihre Idee eines Rauchverbotes zunächst begründet. Eine Studie des Büros für Suchtprävention hatte im Auftrag der Gesundheitsbehörde die Erfahrungen von SchülerInnen mit legalen und illegalen Drogen untersucht. Im Bericht wurde vor einem besorgniserregenden Anstieg des Konsums von Tabak und Haschisch und vor allem von Alcopops gewarnt.

Alarmierender jedoch fand die Senatorin damals das Ergebnis, dass 77 Prozent aller rauchenden SchülerInnen schon mal einen Joint durchgezogen hätten, aber nur fünf Prozent der nicht Rauchenden: „Zigarettenkonsum ist offenbar ein typischer Entwicklungsschritt auf dem Weg zum Cannabis-Konsum“, folgerte Dinges-Dierig und verkündete, ein Rauchverbot an Schulen zu erwägen: „Wir wollen den Kindern und Jugendlichen Grenzen aufzeigen.“

„Symptome“ zu bekämpfen bringt nichts, konstatiert hingegen GAL-Gesundheitsexpertin Katja Husen. Ohne Ursachenforschung und Prävention sei der behördlich geplante Raucher-Bann nichts anderes als „die klassische repressive und populistische Symbolpolitik“.