McBerti spielt sich in die Play-offs

Schottland gewinnt in einem grässlichen Spiel gegen Litauen mit 1:0 und darf zumindest weiterhin hoffen

GLASGOW taz ■ Alex Ferguson hat einfach überall seine Finger im Spiel. Unter der Woche hatte Manchester Uniteds Trainer hinter den Kulissen die englische Nationalmannschaft zum Solidaritätsstreik für seinen vergesslichen Schützling Rio Ferdinand angestachelt. Am Samstag mussten die Iren ihre Träume von der EM begraben – unter anderem auch, weil ihr Bester, Roy Keane, auf Wunsch von Sir Alex seine Hüfte nur noch für den Verein ramponiert. Dafür hat der gebürtige Glasgower und ehemalige Nationaltrainer seinen Landsmännern am selben Tag aus alter Verbundenheit aber das Erreichen der Play-offs ermöglicht. Wie, ist schnell erzählt: Bis zur 68. Minute stand es gegen Litauen in einem wahrhaft grässlichen Spiel 0:0 und der zweite Platz hinter Deutschland war ernsthaft in Gefahr. Doch dann fiel dem kurz zuvor eingewechselten Jungnationalspieler Darren Fletcher der Ball an der Strafraumgrenze vor die Füße – und ein knackiger Volley ins kurze Eck erlöste den Hampden Park. Der nach dem 1:0-Sieg umjubelte Held, 19 Jahre alt, gab später zu, in jener entscheidenden Szene gar keine andere Wahl gehabt zu haben. „Alex Ferguson hat gesagt, wenn wir nicht gewinnen, brauche ich gar nicht erst zurückzukommen“, grinste Manchester Uniteds Mittelfeldspieler.

So aber flossen in Glasgow aus allen Richtungen schmissige Dudelsackmelodien ineinander, und in den Katakomben waren noch weitaus wohlklingendere Töne zu vernehmen: Die Journalisten gratulierten Berti Vogts, Berti Vogts gratulierte der Mannschaft, die Mannschaft gratulierte Berti Vogts. Der hat nun nach einem desaströsen Start mit dem Minimalziel Relegation exakt das erreicht, was mit der jungen, nicht gerade mit einem Übermaß an Kreativität und Klasse gesegneten Mannschaft zu erreichen war.

„Ich habe meinen Spielern immer gesagt, dass wir es in die Play-offs schaffen werden“, sagte Vogts stolz, „ich bin kein junger Trainer, ich wusste, was möglich ist“. Eine seltene Souveränität und Gelassenheit machte sich auf dem Podium breit: Die brutale Medienkritik aus dem Frühjahr schien vergessen und verziehen; nicht mal über die schauspielerisch begabten Gäste, die bei jeder Körperberührung wie Herbstlaub auf den Rasen gefallen waren, wollte er sich groß aufregen.

Echte Sieger schauen ja nur noch vorne. Das Ziel müsse nun sein, so Fletcher, mit Schottland zum ersten Mal eine Vorrunde eines Turniers zu überstehen. Dafür muss man zuerst aber noch in den Play-offs gewinnen. Mit einer Leistung wie am Samstag, als rasende Nervosität jegliches Kombinationsspiel schon im Ansatz unterband, wird es die Vogts-Truppe sicherlich nicht nach Portugal schaffen – egal, ob man mit Wales, Lettland oder Slowenien Gegner bekommt, die ebenfalls mit bescheidenen Mitteln zu Werke gehen, oder kaum bezwingbare Giganten wie Spanien oder die Niederlande. „Es gibt ja kein Freilos“, meint Vogts. Er ist wirklich kein junger Trainer mehr. RAPHAEL HONIGSTEIN