Demokratie nur schöner Schein

Forum Kirche: Exil-Oppositionelle aus Nigeria berichteten über Zustände in ihrer Heimat

Bremen taz ■ Seit den Präsidentschaftswahlen von 1999 ist Nigeria eine Demokratie und somit sicher. Das Land kann als Vorbild für viele andere afrikanische Staaten dienen. So zumindest liest sich die Einschätzung des Bundesaußenministeriums zur Lage in dem mittelafrikanischen Land. Moses Bodunde hat am eigenen Leib erfahren, dass die Wirklichkeit ganz anders aussieht. Auf Einladung der Bremer Flüchtlings-Hilfsorganisation „Karawane“ berichtete Bodunde im Forum Kirche über die prekäre Lage in seiner Heimat.

In einem Erdloch wurde er gefangen gehalten. Tageslicht bekam er nur zu sehen, wenn ihm manchmal eine spärliche Mahlzeit hinuntergereicht wurde. Bodunde gehört zu den führenden Köpfen der größten nigerianischen Oppositionspartei. Als sein Name für die Präsidentschaftswahl 2003 ins Spiel gebracht wurde, gab es mehrere Anschläge auf sein Leben. Bodunde musste fliehen. Seit 2002 lebt er im Flüchtlingslager in Lesum und wartet darauf, dass seinem Asylantrag stattgegeben wird. Die Hoffnung ist gering.

Gut besucht war die Veranstaltung am Mittwochabend. Neben Bodunde auf dem Forum Kirche-Podium: der Bremer Asylrechtsanwalt Günter Werner und der Exil-Oppositionelle Kayode Oladele. Der Nigerianer arbeitet heute in Detroit als Anwalt.

Die Wahlen von 1999, so erklärte Oladele, hätten nichts verbessert. Im Gegenteil: Die Lage in Nigeria sei seither ernster denn je. Zwar habe Präsident Obansanjo die jahrzehntelange Militärdiktatur abgelöst, doch da er selbst Teil des ehemaligen Regimes sei, habe sich die Menschenrechtslage unter dem neuen Herrscher noch weiter verschlechtert. Hunderttausende Oppositionelle säßen im Gefängnis, ohne dass sie jemals einen Prozess gehabt hätten.

Hauptproblem der Flüchtlinge: Viele europäische Staaten, darunter auch Deutschland, erkennen Nigeria als demokratischen Rechtsstaat an und gewähren politisch Verfolgten daher kein Asyl. Der Westen, so Oladeles Kritik, habe den Demokratisierungsprozess nur vorangetrieben, um leichter Geschäfte mit dem erdölreichen Nigeria machen zu können. Um die Menschenrechte sei es nie gegangen. US-Präsident Bush habe sich sogar um einen Freispruch des ehemaligen nigerianischen Militärmachthabers bemüht. Jetzt will Oladele versuchen, Nigeria ins Zentrum des öffentlichen Interesses zu rücken. Nur so könne man den zahlreichen Asylbewerbern helfen.

Das glaubt auch Günter Werner, der viele Asylbewerber vertreten hat und derzeit für eine Aufenthaltsgenehmigung für Moses Bodunde kämpft. Mit der deutschen Asylpolitik geht der Bremer Anwalt hart ins Gericht: „Die Prozesse sind menschenverachtende Verfahren, die unter dem Schirm der Rechtsstaatlichkeit nur einen Zweck haben: die Flüchtlinge so schnell wie möglich abzuschieben.“

Ebbe Volquardsen