NPD-VERBOT: NICHT DAS VERFASSUNGSGERICHT, OTTO SCHILY IST’S GEWESEN
: Alter Trick der Taschendiebe

Möglichst laut „Haltet den Dieb!“ zu rufen und dabei gleichzeitig in eine falsche Richtung zu zeigen ist kein besonders neues Stilmittel der Politik. Ursprünglich eine Erfindung von Taschendieben, um dem Komplizen die Flucht zu ermöglichen, hat sich jetzt Bundesinnenminister Otto Schily dieser Technik bedient. Vor dem Hintergrund eines wahrscheinlichen Wahlerfolgs der rechtsradikalen NPD in Sachsen gibt Schily Alarm.

Dies, so der oberste Hüter deutscher Sicherheit und Ordnung, sei „das Ergebnis einer sehr problematischen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts“. Der in Karlsruhe ansässige Gerichtshof nämlich hatte im vergangenen Jahr ein maßgeblich von Schily vorangetriebenes Verbotsverfahren gegen die Neonazipartei eingestellt. Zu viele der benannten Zeugen erwiesen sich als Lohnempfänger der Verfassungsschutzämter – bis hinein in oberste Funktionsebenen. Je länger sich das Verfahren hinzog, umso mehr wurden es. Alles einfache Zuträger, wie Otto Schily sie verstanden wissen wollte, oder Steuermänner des braunen Kurses im Auftrag und Sold des Staates? Die Frage war für die Verfassungshüter nicht zu entscheiden. Das war abzusehen, und man mag es vielleicht bedauern, dennoch blieb ihnen angesichts des immer bizarrer werdenden Szenarios zum Schluss verfahrensrechtlich außer einer Einstellung keine andere Entscheidung übrig.

Von all dem will Schily heute nichts mehr wissen. Nichts mehr davon, dass er mehrfach öffentlich vor einem Gang nach Karlsruhe gewarnt worden ist. Nichts mehr davon, dass der von allen 17 deutschen Verfassungsschutzämtern wie ein heiliger Gral gehütete „Quellenschutz“ für die entstandene Situation letztlich verantwortlich war. Nichts mehr davon, dass er selbst in seinem Ministerium gewütet und seinen zuständigen Ministerialen öffentlich abgekanzelt hat. Angesichts der traditionellen Eifersüchteleien und Eigenbröteleien der Schlapphutämter konnte der Mann allerdings eher wenig dafür. Klarheit zu schaffen wäre Schilys Aufgabe gewesen. Aber ein Otto Schily macht nun mal keine Fehler. Und genau deshalb sitzen die bösen Buben für ihn jetzt eben in Karlsruhe.

OTTO DIEDERICHS