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: Die ganze Bundesliga ist nichts als eine graue Maus

Selbst der VfL Wolfsburg steht jetzt schon oben in der Tabelle

Kürzlich, es war kurz vor Spielende, haben sie mit blütenweißen Taschentüchern gewunken in Leverkusen, gerade so, als hieße ihr schmuckes Stadion nicht Bay-, sondern Stierkampf-Arena. Auch dort wird bisweilen ja mit weißem Stoff gewedelt, dann nämlich, wenn das Publikum Nachsicht für den Stier erbittet. Dem Leverkusener Publikum freilich diente das Ritual weniger als Gnadengesuch denn als Verhohnepipelung der Irdischen von Real Madrid. Mit 3:0 wurden die Untergalaktischen bekanntermaßen abgefertigt, für die Bayer-Mannschaft war das eine Sternstunde, für das Bayer-Publikum eine prima Gelegenheit, etwas Farbe ins Stadion und somit ins Leben zu tragen. Weiß ist schließlich allemal besser als grau, und schon deshalb hoben sich all die leuchtend weißen Tüchlein wohltuend ab vom großen Rest jener Chemieansiedlung, die da diesen lebertranigen Namen trägt – und warfen die Frage auf: Wie düster muss es eigentlich um den deutschen Fußball bestellt sein, wenn nun ausgerechnet (und schon wieder) Leverkusen einen der wenigen Farbtupfer setzen muss?

Womit der heutige Pressschlag beim VfL Wolfsburg angekommen ist und somit jener Stadt, die außer ein paar Autos und einem neuen Stadion kaum Nennenswertes zu bieten hat. Am Samstag, nach dem 2:1-Sieg in Rostock und vor dem sonntäglichen Auftritt des VfB Stuttgart, sind die Kicker aus der Autostadt auf Platz eins der Tabelle geklettert, zum ersten Mal in ihrer Vereinsgeschichte übrigens. Das freut einerseits bestimmt die VfL-Fans – wobei die Frage des Kollegen R. („Was, so was gibt’s? Das ist doch erstaunlich!“) nicht ganz unberechtigt daherkommt –, ist andererseits nach viereinhalb Spieltagen bestimmt nur eine Momentaufnahme und geht vorüber, ganz sicher, schon weil dank Bild alle Welt weiß, dass es sich bei den Wolfsburgern um einen ziemlich faulen Haufen handelt, der nichts mehr hasst als dies: Training.

Und dennoch scheint es symptomatisch für die Bundesliga und damit für den Fußball hier im Lande. Dessen Lage lässt sich also entsprechend und streng faktisch so zusammenfassen: Meister ist Werder Bremen, in der Champions League sorgt Lebertrankusen für Furor, die Liga führt (kurzzeitig) Golfsburg an. Auf einem Nenner: Grau, grau, grau sind alle ihre Kleider! (Wurde schon erwähnt, dass der VfL Bochum im Uefa-Cup mitkicken darf?)

Dabei ist die Stärke all der kleinen Grauen nichts als die Schwäche der ehedem großen Bunten: Dortmund steht kurz vor der Pleite, Schalke vor dem nächsten Trainerrauswurf, die Bayern wiederum kümmern sich mehr um ihre Frisuren als um ihren Fußball. Wozu all das noch führen soll? Zur Meisterschaft für Wolfsburg natürlich! FRANK KETTERER