Das Ticket nach Los Angeles zahlt sich aus

Prämien, ein Stern, vielleicht ein eigenes Trikot – DFB-Präsident Mayer-Vorfelder kann sich die Frauen bald in einer Profi-Liga vorstellen

CARSON taz ■ Der DFB-Präsident hatte mächtig geschwitzt unter der kaifornischen Sonne. Und mächtig gezittert. Gerhard Mayer-Vorfelder war am Ende des Spiels froh, dass er Beistand hatte: „Jürgen Klinsmann hat neben mir gesessen und gesagt: Ruhig bleiben, Präsident, die schaffen das noch. Gut, dass der Ausgleich so schnell gelungen war. Wir sind verdienter Sieger. Und ich bin froh, die richtige Reiseentscheidung getroffen zu haben.“ MV hatte die Männer-Elf von Rudi Völler in Hamburg gegen Island die EM-Quali allein klarmachen lassen, um live zu erleben, wie Nia Künzer mittels Golden Goal in Carson im Süden von Los Angeles den DFB-Frauen erstmals in der Geschichte den Weltmeisterinnentitel bescherte. 2:1 lautete das Ergebnis nach 98 Minuten gegen die Schwedinnen. Das trieb auch Exnationalspieler Klinsmann zu überschwenglichen Worten: „Die Frauen haben ein gigantisches Turnier gespielt. Ein traumhaftes Team.“

Zweiter Erfolg neben dem WM-Gold: In der Weltrangliste der Fifa ist das DFB- Team an Norwegen und den bisher führenden USA auf Platz eins geklettert. Außerdem gewann die Mannschaft von Bundestrainerin Tina Theune-Meyer den Preis für das „most entertaining team“, also für den attraktivsten Fußball. Die Stürmerinnen Birgit Prinz und Maren Meinert sowie Torfrau Silke Rottenberg wurden zudem als beste Spielerinnen des Turniers ausgezeichnet. „Das war ja schon fast peinlich, wie wir abgeräumt haben“, sagte Co-Trainerin Silvia Neid grinsend am Siegerbankett. Dort wurde bei Austern und Champagner nicht nur der Titel gefeiert, sondern auch Abschied. Spielführerin Bettina Wiegmann geht mit 154 Länderspielen als DFB-Rekordspielerin in den Ruhestand, ebenso Maren Meinert, die nicht nur wegen ihres Ausgleichstreffers einmal mehr ein überragendes Spiel hinlegt hatte.

Dabei kam die deutsche Elf zunächst im mit 26.137 Zuschauern nicht ganz ausverkauften Stadion des Home Depot Center gegen das Dreikronenteam nur schwer ins Spiel und ging nach dem Tor von Hanna Ljungberg mit einem 0:1-Rückstand in die Pause. „Die erste Halbzeit war zu langsam. Und nach vorne musste mehr geschehen. Das haben wir nach klarer Pausenansprache dann umgesetzt“, sagte Stürmerin Prinz. Es war dann auch ihr Pass, der zum Tor von Meinert in der 46. Minute führte und das Spiel komplett umdrehte.

Am Ende hatte dann noch Cheftrainerin Theune-Meyer ein sehr glückliches Händchen. Sie wechselte in der 88. Minute Nia Künzer ein – die Matchwinnerin. In der 2. und in der 7. Minute der Verlängerung scheiterte sie noch an der schwedischen Torhüterin. Der dritte Versuch passte dann. Freistoß von Renate Lingor, Kopfball von Künzer unter die Latte. Dann die Freudenausbrüche.

In dem Jubel verkündete Gerhard Mayer-Vorfelder wie nebenbei, dass der DFB wegen des Weltmeistertitels erstmals auch eine Prämie zahlen wolle. Wie viel genau, ließ er aber offen. „Im fünfstelligen Bereich“, sagte Mayer-Vorfelder. Zudem gebe es einen Weltmeisterstern, möglicherweise auf einem eigenen Trikot, sagte MV und prophezeite, dass „in fünf, bis sechs Jahren die Frauen-Bundesliga durchaus unter Profibedingungen laufen“ könnte.

Unterdessen feierten die Spielerinnen in der Kabine ihren Triumph mit ausgiebigen Gesängen. „Es gibt nur eine Nia Künzer“, „So sehen Sieger aus“ … Nur Torfrau Silke Rottenberg fehlte dabei. Sie war noch einmal über den Rasen in dem inzwischen leeren Home Depot Center gelaufen, mit der Goldmedaille um den Hals. Um verstehen zu lernen. Um durchzuatmen. Als sie zurückkehrte, entlud sich die Emotion: „Richtig geil. Wir kommen als Weltmeister zurück. Das ist einfach unbeschreiblich. Ich hoffe, ganz Deutschland steht jetzt Kopf.“ RAINER HENNIES