Kompromiss hält Alitalia in der Luft

Nach langen Verhandlungen mit den Gewerkschaften ist der Weg für neue Kredite frei. Die staatliche italienische Airline baut deutlich weniger Stellen ab als befürchtet. Dafür werden die Arbeitszeiten verlängert und die Gehälter deutlich reduziert

Die Kosten bei Alitalia sind doppelt so hoch wie bei der Lufthansa, der Umsatz brach ein

VON STEFFEN GRIMBERG

Die staatliche italienische Fluglinie Alitalia bleibt in der Luft. Nach Piloten und Bodenpersonal stimmten am Samstag auch die Gewerkschaftsvertreter der Flugbegleiter dem Sanierungspaket für das vor der Pleite stehende Unternehmen zu. Damit ist der Weg für einen Überbrückungskredit der Regierung in Höhe von rund 400 Millionen Euro frei. Ohne die Geldspritze hätte Alitalia zum Monatsende Insolvenz anmelden müssen.

Nach den seit Wochenmitte andauernden Verhandlungen werden jetzt noch rund 3.500 der insgesamt 19.000 festen Stellen abgebaut. Der Sanierungsplan von Alitalia-Präsident Giancarlo Cimoli hatte ursprünglich 5.000 Jobstreichungen vorgesehen, um die Fluglinie bis 2008 wieder flott zu machen. Auch jetzt ist die endgültige Zustimmung der Gewerkschaften an Bedingungen geknüpft: Da Alitalia zu 62 Prozent in Staatsbesitz ist, soll die Regierung soziale Absicherungen für entlassene Mitarbeiter garantieren. Analysten geben der Politik außerdem eine Mitschuld an der Krise, da die personelle Überbesetzung in diversen Unternehmensbereichen auch auf politische Einflussnahme zurückzuführen sei. Italiens stellvertretender Regierungschef Gianfranco Fini hatte bereits angekündigt, die Regierung werde über Hilfen für Alitalia-Mitarbeiter beraten, sobald eine Einigung zwischen der Unternehmensführung und den Gewerkschaften erzielt sei.

Im Einzelnen sehen die Vereinbarungen jetzt vor, dass bei den 4.700 Stewardessen und Stewards noch 900 Jobs – 150 weniger, als von Cimoli gefordert– gestrichen werden. Die Gehälter werden eingefroren, die Arbeitszeit wird verlängert. Anstelle von ursprünglich 3.500 Stellen beim Bodenpersonal und in der Verwaltung fallen noch 2.500 weg. Von den rund 2.300 Alitalia-Piloten müssen ebenfalls nicht wie geplant 450, sondern 289 gehen. Dafür verzichten sie künftig auf ein Drittel ihrer Gehälter und müssen wie die Kabinencrews länger in die Luft: Die Flugstunden wurden von 770 auf künftig 900 im Jahr heraufgesetzt.

Alitalia will durch die Jobkürzungen über die nächsten Jahre rund eine Milliarde Euro sparen. Laut Cimoli soll das Unternehmen bereits 2006 wieder schwarze Zahlen schreiben – es wäre das erste positive Jahresergebnis der Airline seit 1998.

Zur Zeit sind die Flugkosten bei Alitalia nach Branchenschätzungen fast doppelt so hoch wie bei der Lufthansa. Pro Stunde verliere das Unternehmen knapp 50.000 Euro. Selbst bei Inlandsflügen brach der Umsatz seit 2002 um 45 Prozent ein.

Die jetzt beschlossene Personalreduktion ist nur der erste Schritt einer umfassenden Sanierung. Als nächstes stehen einschneidende Strukturveränderungen an, die von den Gewerkschaften bisher abgelehnt werden: Cimoli will Alitalia in zwei unabhängige Gesellschaften für den Flugbetrieb (AZ Flight) und die anderen Unternehmensbereiche (AZ Services) aufteilen.

Auch die US-Fluglinie United Airlines kündigte am Wochenende weitere Sparmaßnahmen an. Die ebenfalls vom Konkurs bedrohte US-Fluglinie verhandelt derzeit mit den Gewerkschaften um Einsparungen in Höhe von weiteren 500 Millionen Dollar.