Kurzer Prozess für Kongress-Initiator

Obwohl Berlins Innensenator die Vorwürfe eigentlich erst prüfen wollte, weist er den Veranstalter der umstrittenen Islamistentagung kurzerhand aus. Es wird immer unwahrscheinlicher, dass die Veranstaltung wirklich stattfindet

BERLIN taz ■ Eine überraschende Wende hat der Streit um den für Anfang Oktober geplanten Islam-Kongress in Berlin genommen. Das Land Berlin hat am Samstagabend einen der Hauptinitiatoren, den Libanesen Fadi Madi, ausgewiesen. Damit wird es immer unwahrscheinlicher, dass die umstrittene Veranstaltung wirklich stattfinden wird.

Madi wurde am Samstag bei dem Versuch, aus Libanon in die Hauptstadt einzureisen, auf dem Flughafen Berlin-Tegel zunächst angehört, dann abgewiesen und zurückgeschickt. Fünf Tage zuvor hatte er noch bei einer Pressekonferenz in Beirut für den „Ersten Arabisch-Islamischen Kongress in Europa“ geworben. Laut Organisatoren sollen daran mehr als 500 Personen teilnehmen.

Begründet wurde Madis Ausweisung von Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) mit dem Verdacht auf Unterstützung einer terroristischen Vereinigung. „Wer als ausländischer Staatsangehöriger nicht die Gesetze unseres Staates anerkennt und vom Boden der Bundesrepublik aus gegen andere Staaten hetzt und Terroranschläge billigt, hat sein Recht auf Aufenthalt in Deutschland verwirkt.“ Dem Schritt habe der Generalbundesanwalt zugestimmt, der gegen den Libanesen ein Verfahren wegen Mitgliedschaft in einer strafrechtlich relevanten Vereinigung eingeleitet habe.

Fadi Madi ist Sprecher der „internationalen Bewegung gegen amerikanische und zionistische Globalisierung und Vorherrschaft“, die aggressive antisemitische Propaganda betreibt. Sicherheitsexperten ist sie seit längerem als Israelfeind bekannt. Auch beim Aufruf zum Berliner Treffen steht die „amerikanisch-zionistische Vorherrschaft“ und die „Befreiung aller besetzten Gebiete“ im Mittelpunkt.

Der Aufruf bildet nun die Grundlage für die Ausweisung des Libanesen durch die Berliner Behörden. Darin würden Terrorakte gegen die USA und Israel gebilligt, sagte Körtings Sprecherin der taz. Da Madi ohnehin nur einen befristeten Aufenthaltsstatus gehabt habe, sei die mit dem Terrorverdacht begründete Ausweisung „eine Regelausweisung“.

Überraschend ist das schnelle Vorgehen der Innenbehörde trotzdem. Noch am Freitag hatte Innensenator Körting verkündet, ein Verbot des Kongresses werde geprüft. Ergebnisse kündigte er für Anfang dieser Woche an. Ihm lägen keine Erkenntnisse darüber vor, dass der Kongress ein Sammelbecken für Terroristen sei, sagte Körting damals.

Warum die Bewertung nun anders ausfällt und seit wann strafrechtlich relevante Informationen zu Madi vorliegen, ist unklar. Der Berliner Verfassungsschutz wollte dazu keine Angaben machen. Die Berliner Innenverwaltung prüft derweil weiter die Möglichkeit, den Islam-Kongress aus Sicherheitsgründen zu verbieten.

Der Berliner Grünen-Fraktionschef kritisierte, dass die Behörden nicht von Anfang an offen mit ihren Informationen umgegangen seien. Tatsächlich wusste der Verfassungsschutz wohl schon seit vier Monaten über das angebliche Islamistentreffen Bescheid. Die deutsche Exfrau Madis soll dem Spiegel zufolge bereits im Mai die Landespolizeidirektion in Stuttgart über die Kongress-Pläne ihres Mannes informiert haben. Diese wiederum hätte die Berliner Verfassungsschutz informiert.

Der Grünen-Politiker Ratzmann hält die Auslegung des Paragraphen 129 b, der die „Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“ unter Strafe stellt, im Falle Madis für fragwürdig. Zudem wundert er sich über die Chronologie der Ereignisse. Schließlich habe Innensenator Körting für den heutigen Montag angekündigt, die Fraktionen im Sicherheitsausschuss über den Kongress und seine möglichen Gefahren zu informieren. Die Ausweisung diene offenbar vor allem dazu, so Ratzmann, „die Gemüter zu beruhigen“.

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