„Ein bisschen geübt“

Heute läuft die zweite „Top 50“-Show von „Deutschland sucht den Superstar“ (20.15 Uhr, RTL). Der Versuch eines Interviews mit zwei Kandidatinnen, die noch dabei sind – mit mäßigem Erfolg

von HEIKO DILK

An dieser Stelle könnte auch ein Interview stehen. Ein Doppelinterview sogar, denn wir haben mit zwei Kandidaten gesprochen, die RTL-„Superstar“ werden wollen. Doch hier liegt das Problem: Sie treten heute Abend in der zweiten „Top 50“-Show auf – und haben deshalb nicht viel Interessantes zu sagen. Dafür können sie nichts, denn was man gerne wissen würde, dürfen sie nicht sagen. Und was sie sagen dürfen, hat man schon oft gehört. Dabei ist es eigentlich egal, ob die beiden nun Judith und Veronika heißen – hätten wir mit Bendix, Jenny A., Jenny G., Dennis, Ricky, Roger, Khanh oder Stefan gesprochen, das Ergebnis wäre wohl ähnlich ausgefallen.

Judith ist 17 Jahre alt. Da wundert es nicht, dass sie am Telefon einen schüchternen und unsicheren Eindruck macht. Sie antwortet meist leise und oft zögerlich. Manchmal entstehen Pausen zwischen den Fragen und ihren Antworten. Interviewtraining habe sie noch nicht bekommen, sagt sie.

Die Frage, ob jemand neben ihr sitzt und souffliert, ist natürlich unfair – denn selbst wenn es so wäre, dürfte sie es nicht sagen. Sie beantwortet sie leise mit Nein. Etwas später wird sie noch erzählen, dass keiner dort sagt, „was wir zu tun oder nicht zu tun haben“. Ganz, ganz viel Spaß mache es allen, und man sei ja noch kein Superstar, alles sei noch „ganz, ganz neu für uns“. Die Frage war, das nur nebenbei, ob sie nicht das Gefühl habe, dass einige KandidatInnen in den Castingshows etwas arg vorgeführt wurden.

Seid nett zueinander

Irgendwann im Laufe einer „Superstar“-Staffel wird fast alles mit den Kandidaten trainiert. Sie sollen vermarktbar sein. Dafür braucht man ein Image, das transportiert werden kann. Wer wie Daniel Küblböck „schräg“ ist, darf sich auch mal als zickige Diva präsentieren. „Superstar“-Sieger Alexander Klaws dagegen ist in erster Linie nett und muss nette Sachen sagen.

Wer noch mitten im Castingbetrieb steckt, muss auch nette Sachen sagen. Über die anderen KandidatInnen, über die Sendung und über die Jury. Fragen danach sind ja auch erwartbar. Also sind es auch die Antworten.

Aber: Geht die Jury oder die Redaktion nicht manchmal etwas sehr rüde mit denen um, die auf der Bühne keine gute Figur machen? „Ich bin davon nicht betroffen“, sagt Judith nach einer kleinen Pause, die wirkt, als würde sie irgendwo die Antwort ablesen. Und dann, dass sie eigentlich nicht wisse, was sie dazu sagen soll, aber man müsse denen schon zeigen, dass sie nicht das Zeug zum Superstar haben. Will sie also nicht so gerne darüber sprechen? „Ja.“

Bevor Veronika ans Telefon kommt, dauert es ein wenig. Ein RTL-Sprecher sagt, er rufe dann zurück. Dann ist Veronika am Telefon und meint auf die Frage nach dem Interviewtraining, „Ja, das haben wir schon ein bisschen geübt.“ Und sie ist tatsächlich redseliger als Judith, besser vorbereitet. Schließlich ist sie auch schon 21. Über Verschwiegenheitsklauseln, die die Kandidaten bei der Produktionsfirma unterschreiben müssen, erzählt sie, das sei ihr Vertrag und deshalb ihre Privatangelegenheit. Judith hatte nur geantwortet: „Da kann ich jetzt gar nichts zu sagen“, mit kleiner Kunstpause vorweg.

Und der RTL-Sprecher erzählt leutselig, dass er die Verträge zwar nicht kenne, dass aber wohl „alle Bereiche“ betroffen seien. Dass da kein Platz für Spontaneität bleibt und Provokationen nur insoweit vorgesehen sind, wie sie zum Image passen, hat zwar nicht viel mit der Idee vom Popstar zu tun. Den Kandidaten kann man das aber wirklich nicht vorwerfen.

Als wir auch Veronika fragen, ob man bei RTL nicht zu sehr auf den Vorführeffekt, auf die Schadenfreude der Zuschauer setzt, sagt sie: „Das ist …“, und weiß für einen Moment nicht weiter. Und dann, als ob sie sich plötzlich an etwas erinnert: „Das ist wie in der Zeitung“, die Mehrheit freue sich, wenn sie etwas Negatives über jemanden lese. Und wie hört sich das an, wenn man dem RTL-Sprecher die gleiche Frage stellt? „Wir stellen die Kandidaten so dar, wie sie sich uns dargestellt haben. Und davon abgesehen: Ihr macht ja das Gleiche.“