briefe an den präsidenten (5)
: Setz bei der nächsten Wahlkampfrede einen großen Haufen neben das Pult und gib damit an

Am 2.11. ist Präsidentschaftswahl in den USA. Bush oder Kerry? Für viele US-amerikanische Künstler ist diese Frage zur Schicksalsfrage geworden. Das Junge Theater wird vom 27.10. bis zum 3.11. unter dem Titel „mad(e) in Amerika“ in der Schwankhalle amerikanische und deutsche Künstler präsentieren, die sich mit Politik und Kultur in den USA beschäftigen. Vorab haben das Junge Theater und die taz Menschen aus Kultur und Wirtschaft gebeten, an den amtierenden, zukünftigen oder idealen US-Präsidenten einen Brief zu schreiben. Heute: Hans König, Theatre-du-Pain-Mitbegründer, Dichter, Denker, Kunstmanager, Musikant.

Mensch George,

danke für das Päckchen, es ist heute Morgen angekommen. Die Muffinbleche sind toll. Sarah ist ganz aus dem Häuschen, weil die so gut wie selbstreinigend sind. Sag bitte Laura besten Dank dafür!

Irre, deine Gedanken zu deinem alten „Kumpel BIN“. Es erinnert mich an eine Story von Borges, leider weiß ich den Titel nicht mehr: Zwei Bischöfe streiten sich bis aufs Blut und bezichtigen sich gegenseitig der Ketzerei.

Einer von ihnen obsiegt, der andere wird verbrannt. Als der Sieger schließlich stirbt und in den Himmel kommt, entdeckt er, dass er und sein Feind ein und dieselbe Person sind. Yeah, that‘s metaphysics, und ich weiß, du liebst es! Ich werde die Story mal suchen und dir eine Kopie mailen, die kannst du dann den Ladens in ihr Sicherheitsversteck schicken.

Echt, George, wenn Dick und Rums wüssten, was du so drauf hast . . . Papa und Dick haben dich eben immer für debil und alcopopsgeschädigt gehalten und dich im Grunde nur wegen deiner Stirnfaltenmethode gepusht.

Mach dir nicht so viele Sorgen wegen deines Dauerschwindels. Es ist vollkommen normal, dass es stresst, wenn einen 90% der Weltbevölkerung abstoßend finden. Das kann manchmal sogar auf den Blutdruck gehen. Mach dir eines klar: Du kannst nicht einerseits Kriege anzetteln, Minderheiten unterdrücken, deine Brüder und Schwestern belügen und andererseits andauernd gut drauf sein.

Wir werden alle älter. Ich glaube, das gilt auch für internationale Terroristen. Was hältst du übrigens von Gi Gong? Ich habe dir mal ein kleines Büchlein mitgeschickt. Taste dich ran. Klar, Condoleezza hat deine kleine Krise natürlich gescannt und ich finde ihre Idee mit der Supervision eigentlich sehr gut.

(Natürlich werden Dick und Rums da nicht mitmachen wollen, aber kannst du sie nicht per Notverordnung zwingen?) Was Dicks Ölleute dazu sagen werden? Bei denen bist du doch sowie schon unten durch. Die meinen doch, dass du das Gewäsch von Gottes auserwählter Nation mittlerweile selber glaubst. Wär‘ doch mal an der Zeit, damit aufzuräumen. Hau mal wieder auf den Putz. Setz bei der nächsten Wahlkampfrede einen großen Haufen neben das Pult und gibt damit an, du hättest die Message von „Fightclub“ verstanden: Amerika haut in Wahrheit nicht Saddam in die Schnauze, sondern sich selber. Mann, zeig ihnen, dass es dich wirklich gibt, George Bush, glaub an den alten Rennfahrer, der du nie gewesen bist, alte Saufnase.

Grüße von Hans aus Bremen

P.S.: Frag Laura doch bitte noch nach dem Rezept für die Cheesemuffins.