Schnappschüsse gegen den Krieg

Die Bilder des Fotografen Paul Frei zeigen den täglichen Überlebenskampf im Irak seit dem Einmarsch der Bush-Allianz: Zerbombte Häuser, Bettler und Kriegsinvaliden, Schuhputzer und Markthändler

Von Jürgen Schön

„Ich wollte den Menschen einfach helfen, egal wie. Doch keine Hilfsorganisation nahm mich. Zu gefährlich, hieß es.“ Paul Frei wollte sich mit den Absagen nicht zufrieden geben. So fuhr der 34-Jährige im August letzten Jahres auf eigene Faust in den Irak. Im Gepäck auch eine Kamera. Seine Fotos „Alltagsleben im Irak“ sind jetzt im Bezirksrathaus Rodenkirchen zu sehen.

Nach gängigen Ausstellungskriterien sind die rund 50 meist schwarz-weißen Fotos eher lieblos gehängt. Doch in ihrer Dichte erinnern sie an ein Familienalbum, eine Mischung aus zufälligen Schnappschüssen und gezielter Dokumentation. Sie bieten persönliche Eindrücke ohne große künstlerischen Ambitionen – und rücken gerade dadurch die Menschen aus der Ferne in die Nähe: den Vater, der mit einem Mini-Angebot auf dem Markt seine Familie durchbringen will; die jungen Schuhputzer, die auf Kunden warten; die kleinen Mädchen, die sich stolz in Pose werfen; die Bettler und Kriegsinvaliden; zerbombte Häuser, der Markt mit gestohlenen Luxuskarossen; das Leichenfeld mit den Opfern Saddam Husseins.

„Dieser tägliche Kampf ums Überleben ist ganze vier Flugstunden von uns entfernt, doch davon wissen wir kaum etwas. Unser Bild vom Irak wird von den Schlagzeilen über Attentate geprägt“, sagt Frei. Er besuchte auch Städte wie Sulaimaniya oder Halabscha, „in die westliche Journalisten kaum fahren“.

Dass der gebürtige Iraner Paul Frei – der politische Flüchtling nahm bei seiner Einbürgerung bewusst einen deutschen Namen an, weil er nach dem 11. September 2001 „deutliche Vorbehalte“ gegen seinen fremden Namen registrierte – auch Arabisch kann, erleichterte ihm die Kontaktaufnahme. „Ich wollte den Irakern zeigen, dass wir gegen Saddam, aber auch gegen den Krieg sind“, sagt er. „Und die Menschen dort waren überrascht, dass ein Deutscher die Gefahr auf sich nimmt, sie zu besuchen und sich mit ihren Problemen zu beschäftigen. Vor allem die Jugend des Landes sucht Kontakte zum Westen.“

Die hält Frei jetzt per Internet aufrecht. Das Goethe-Institut will er überzeugen, in Bagdad oder Sulaimaniyah ein Haus zu eröffnen. Und Wissenschaftlern der Universität von Sulaimaniyah konnte der Physikstudent „handfeste“ Hilfe vermitteln: Babynahrung, die sie dort herstellen wollen, wird derzeit an der Universität Bonn untersucht.

Fotoausstellung „Alltagsleben im Irak“: Bezirksrathaus Rodenkirchen, Hauptstr. 85, bis 8. Oktober, Mo-Fr 8-12 Uhr, Mo-Do 14-16 Uhr