„Jazz‘ Hottest Act“: Das Esbjörn Svensson Trio gastiert wieder in Hamburg – am Dienstag in der Fabrik
: Das Trio mit dem langem Atem

E.S.T., oder auch Esbjörn Svensson Trio, sind ein Phänomen. Während die Plattenindustrie trotz täglich neuer Popstars nur ihre einbrechenden Umsätze beweinen kann und dabei kaum erwägt, dass die Leute – bei aller CD-Schwarzbrennerei – vielleicht schlicht keine Lust mehr haben auf ein uniformes Angebot, beweist das schwedische Jazztrio, wie man nach wie vor ein Publikum erreichen kann: Einerseits durch das, was man gemeinhin als Qualität beschwört, andererseits – und ganz besonders – mit Hilfe eines langen Atems.

Der Erfolg von E.S.T. ist das Gegenteil von Hype. Esbjörn Svensson (Piano), Dan Berglund (Bass) und Magnus Öström (Schlagzeug) haben ihre Definition von Jazz bereits vor Jahren, damals wohl noch ganz unbewusst, zu entwickeln begonnen. Einst fanden sie als Schüler zum Nachspielen ihrer Lieblingsrocksongs zusammen, ließen auch später, während des Jazzstudiums, vom gemeinsamen Musizieren nicht ab. So hörte man vor zehn Jahren bereits ihrem Debüt Reife und einen eigenen Sound an. Letzteren haben sie mittlerweile, dank ausgiebigen Aufnehmens und Tourens – zuletzt als Support bei K. D. Langs US-Hallen-Tournee – perfektioniert.

Auf dem neuen Album Seven Days Of Falling ist, wie auch schon beim Durchbruch verschaffenden Vorgänger Strange Place For Snow, nicht nur irgendein Jazzsound zu hören, sondern der ganz spezielle von E.S.T.. Und der macht die drei Musiker zur ziemlichen Ausnahme im derzeitigen Jazzgeschehen. Vielleicht liegt es daran, dass sie neben ihren Jazzheroen auch Einflüsse wie The Police, Radiohead (oder auch den Aphex Twin) benennen? Jedenfalls bringen sie in ihre Piano-Trio-Musik, die in Sachen Melodiösität und Ausufern ins Kontemplative auch schon mal an das Keith Jarrett Trio gemahnt, tatsächlich den Rock (zurück). Aber nicht als Pose oder in Form von nachgestellten Riffs, nein, als Attitüde – und als Energie. E.S.T. rocken, wie man es landläufig nennt. Da kreischt der Kontrabass verzerrt auf oder gleich die gesamte Band schraubt sich dynamisch in einen – für ein letztlich akustisches Trio erstaunlich massiven – Druck, der mit Lautstärke wirklich umzugehen weiß. Das schmerzt nicht, das turnt an.

Und dann sind da natürlich noch die Interaktionen, wie sie eben nur eine Band haben kann; der vielleicht ja tatsächlich ihrer skandinavischen Herkunft geschuldete Mut zur Einfachheit, die dem Song und der Stimmung den Vorzug gibt; die Breakbeats von Drummer Öström, vor denen so mancher Laptopmusiker vor Neid erblasst; und nicht zuletzt die sympathische Einstellung der Band, die nicht sich, sondern ihre Musik in den Vordergrund stellt. That‘s jazz. GERD BAUDER

Dienstag, 21 Uhr, Fabrik