piwik no script img

Die Union macht den Bundesrat zum Saftladen

Auch auf Saftkartons droht jetzt ein Pfand, weil die Mehrwegquote abgesackt ist. Das will eigentlich niemand. Doch den von allen gelobten Kompromiss wird die CDU/CSU am Freitag im Bundesrat wieder mal scheitern lassen

BERLIN taz ■ Wenn nicht noch ein kleines Wunder geschieht, dann wird in sechs Monaten auch Fruchtsaft und Eistee in Getränkekartons mit einem Pfand belegt. Denn gestern hat die Bundesregierung die aktuellen Mehrwegquoten veröffentlicht, die das Pfand laut Verpackungsordnung zur Folge haben.

Demnach lag zwischen Oktober 2001 und September 2002 der Mehrweganteil bei allen Getränken bei nur knapp 58 Prozent – statt bei den erforderlichen 72 Prozent. Und noch viel wichtiger: Die Quote für die Fruchtsäfte lag bei nur gut 29 Prozent. Das liegt unter den in der Verordnung geforderten 34,5 Prozent – und löst damit die Pfandpflicht aus. Bundesumweltminister Jürgen Trittin will das eigentlich nicht, sagt aber: „Die Pfandpflicht für Saftkartons ist nicht in das Belieben der Bundesregierung gestellt, sondern zwingende Konsequenz des von der Vorgängerregierung geschaffenen Rechts. Wir wollen seit langem Getränkekartons von der Pfandpflicht befreien, weil sie sich als ökologisch vorteilhaft erwiesen haben.“

Das kleine Wunder, das dieses von niemandem gewollte Pfand noch verhindern kann, könnte sich am Freitag im Bundesrat ereignen. Da liegt ein Kompromiss vor, der von allen Seiten als vernünftig bezeichnet wird und dem eigentlich alle zustimmen. Demnach würden in Zukunft Bier, Mineralwasser, Limonaden und Alkopops in Einwegverpackungen mit 25 Cent Pfand pro Flasche belegt. Milch, Fruchtsäfte und Wein blieben ohne Pfand, der Einzelhandel würde verpflichtet, die Verpackungen überall zurückzunehmen.

Doch das Wunder wird sich am Freitag kaum ereignen. Denn obwohl der Vorschlag bis auf kleinste Details zwischen den SPD- und den CDU-Ländern unumstritten ist, liegt er bereits seit einem Jahr auf Eis. Im Umweltausschuss des Bundesrats bekam er am 9. September eine Mehrheit von 10 zu 5, weil die CDU-Länder Bayern, Baden-Württemberg, Thüringen und Saarland zustimmten. Doch gestern meldete der bayerische Bundesminister Erwin Huber „weiteren Beratungsbedarf“ in der Union an. Wahrscheinlich, heißt es aus München, werde das Thema erst im Oktober wieder zur Abstimmung gestellt.

Das Problem, das die Union mit dem Kompromiss hat, „liegt nicht bei den Ländern“, heißt es aus der Union. Die Blockierer säßen in der Bundestagsfraktion. Angela Merkel hat nicht nur als Umweltministerin die Verpackungsverordnung so kompliziert gemacht, wie sie jetzt ist – sie blockiert nun auch die Vereinfachung.

Selbst Jürgen Resch von der Deutschen Umwelthilfe (DEH) ist mit dem Kompromiss zufrieden. Zwar fehlt ihm das Pfand auf den Saft, und das Pfand ist ihm mit 25 Cent auch für die großen 1,5-Liter-Flaschen eigentlich zu gering. Aber immerhin würden „80 Prozent der Getränke erfasst“, sagt Resch, „und das Problem endlich gelöst.“ Die Pfandpflicht sieht er positiv. „Verglichen mit anderen Gesetzen ist das eine Punktlandung: Die Vermüllung der Landschaft ist zurückgegangen, die Mehrwegquote hat sich bei Bier und Limo stabilisiert, und bundesweit wurden etwa 10.000 Stellen geschaffen.“ BERNHARD PÖTTER

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen