„Libertas“ tritt in Schweden bei EU-Wahlen an

Weiterer Ableger der europaskeptischen irischen Gruppierung für die Abstimmung am 7. Juni registriert

STOCKHOLM taz ■ Gerade einmal 57 Minuten vor Ablauf der Frist schaffte es mit „Libertas“ eine neue schwedische Partei, sich beim Wahlleiter für die Europawahlen im Juni registrieren zu lassen. In Deutschland bemüht sich ihr dortiger Ableger derzeit noch darum, diese formale Hürde zu nehmen. Und auch in anderen EU-Ländern versucht die Partei bereits zur kommenden Europawahl auf den Stimmzetteln präsent zu sein.

„Libertas“ ist die erste gesamteuropäische politische Partei. Am 2. Februar hatte das EU-Parlament ihr diesen Status zuerkannt. Kurz danach stellte ihn Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering jedoch wieder infrage: Es müsse überprüft werden, ob bei der Erfüllung der Kriterien für diesen Status nicht falsche Angaben im Spiel gewesen seien.

Der irische Geschäftsmann Declan Ganley und seine „Libertas“ sind kontrovers. Sie wurden europaweit bekannt als eine der aktivsten Kräfte hinter dem Nein beim irischen Referendum über den EU-Verfassungsentwurf von Lissabon im Sommer letzten Jahres. Es gibt Fragen zur Finanzierung der Partei. CIA, Pentagon und die amerikanische Waffenindustrie wurden bereits als Hintermänner vermutet. Ganley weist das zurück.

In Schweden wird „Libertas“ mit einer anderen EU-kritischen Partei konkurrieren: der „Juniliste“, die bei den letzten EU-Wahlen 14,5 Prozent der Stimmen erreichte. Auch hier ging „Libertas“, umhüllt von Gerüchten über merkwürdige Geldgeschäfte, an den Start. Statt des mühsamen Wegs einer eigenen Parteigründung habe „Libertas“ versucht, mithilfe der „Juniliste“ auf die schwedischen Wahlzettel zu kommen, behauptet jedenfalls der „Juniliste“-Vorsitzende Sören Wibe. Umgerechnet 1 Million Euro hätten Repräsentanten von Ganley seiner Partei geboten, würde die sich in „Juniliste/Libertas“ umbenennen. Ganley bestritt das am Wochenende in einem Rundfunkinterview.

Programmatisch sieht es nur die Opposition gegen den Lissabon-Vertrag und die gemeinsame Ablehnung der „undemokratischen“ Strukturen der EU, was „Juniliste“ und „Libertas“ verbindet. „Libertas“ setzt in Schweden auf EU-skeptische WählerInnen. Diese gibt es in allen Parteien, sie sehen sich aber auf den Wahllisten „ihrer“ Parteien nicht repräsentiert. Sie hatten bislang von einzelnen Ausnahmen abgesehen nur die Wahl, für EU-positive KandidatInnen zu stimmen oder solche, die die Union grundsätzlich ablehnen oder gar einen EU-Austritt Schwedens fordern.

Die neue Partei könnte für solche heimatlosen WählerInnen eine Alternative werden. Das zeigt auch der vor vier Jahren überraschende Erfolg für die „Juniliste“. Entscheidend dürfte sein, ob es der mit zehn Wochen vor der Wahl etwas spät an den Start gegangenen „Libertas“ gelingt, prominente KandidatInnen auf ihrer Liste zu präsentieren. Am Mittwoch will sie diese bekannt machen. Zumindest zwei bisherige „Juniliste“-Politiker gaben an, sie hätten das Angebot bekommen, für die neue Partei zu kandidieren, aber abgelehnt. REINHARD WOLFF