Dreckflecken auf den Markenschuhen

Der Turnschuhkonzern Adidas-Salomon bestreitet, Rechte von Arbeitern in Indonesien verletzt zu haben – um es später doch zuzugeben. Gekündigte sollen wieder eingestellt werden. Verfahren vor der Prüfstelle im Bundeswirtschaftsministerium

VON ANNETTE JENSEN

Adidas-Salomon habe die Rechte von Arbeitern in Indonesien verletzt, erklärte die Kampagne für saubere Kleidung. Keineswegs – die Beschäftigten hätten sich illegal verhalten, erwiderte die Sportartikelfirma. Aussage gegen Aussage stand beim Verfahren vor der OECD-Kontaktstelle im Bundeswirtschaftsministerium: Am Ende waren sich die Kampagne und Adidas einig, dass man sich nicht einigen kann. Die OECD-Leitsätze legen fest, dass multinationale Unternehmen auch in Produktionsstätten außerhalb der Industrieländer fundamentale Arbeitnehmerrechte einhalten sollen. Dazu gehört das Recht, sich gewerkschaftlich zu organisieren, sowie das Verbot von Zwangsarbeit. Seit dem Jahr 2000 gibt es in jedem OECD-Land (Organisation für wirtschaftliche Kooperation und Entwicklung) eine Beschwerdestelle.

Im konkreten Fall ging es um den Vorwurf, der Turnschuhkonzern habe in zwei indonesischen Zulieferbetrieben gegen die Leitsätze verstoßen. Dort waren mehrere ArbeiterInnen entlassen und einer bedroht worden, nachdem diese sich für eine freie Gewerkschaft engagiert hatten. Außerdem verdienen die Arbeiterinnen in der normalen Arbeitszeit so wenig, dass sie zu Überstunden gezwungen sind und ihre Kinder mangels freier Zeit weggeben müssen. Ingeborg Wick von Südwind, die die Kampagne im Verfahren vertrat, bezeichnet das als „Zwangsarbeit“.

Laut Wick bestritt der Konzernvertreter in den Gesprächen explizit, dass es überhaupt Verletzungen der Gewerkschaftsrechte gegeben hatte und beschuldigte die betroffenen Arbeiter, sich ungesetzlich verhalten zu haben. Ihre Wiedereinstellung lehnte der Konzern deshalb zunächst ab. Auch bei anderen Streitpunkten stand sich entgegengesetzte Aussagen gegenüber. So hatte die Kampagne Zeugen zitiert, die die Anwesenheit von Militärs während Lohnverhandlungen beobachtet hatten, was Adidas-Salomon bestritt.

Dennoch beurteilt Ingeborg Wick das Verfahren keineswegs als Flop. Zum einen seien die strukturellen Schwächen der OECD-Kontaktstelle deutlich geworden: Weil sie nicht selbst recherchiert, kann sie sich bei strittigen Fragen kein eigenes Urteil bilden; das müsse anders werden. Zum andern habe sich der Konzern in dem Verfahren auf die Diskussion über die Lohnhöhe eingelassen. „Das ist ein Präzedenzfall“, so Wick. Sie hofft, das noch relativ stumpfe Instrument der OECD-Kontaktstelle durch öffentliche Aufmerksamkeit schärfen zu können. Genau das wollte Adidas-Salomon offenbar durch das belanglose Abschlussdokument verhindern; schließlich ist an dem Verfahren eine staatliche Stelle beteiligt.

Interessanterweise beauftragte das Unternehmen parallel das Workers Rights Consortium (WRC) in den USA mit der Untersuchung der Vorwürfe. Diese allgemein für seine gründlichen Recherchen bekannte Organisation bestätigte viele Vorwürfe der Kampagne für saubere Kleidung – und nun hat sich Adidas-Salomon doch noch freiwillig verpflichtet, die Wiedereinstellung der ArbeiterInnen bei der Firma Panarub durchzusetzen.

Frank Henke, bei Adidas-Salomon zuständig für den firmeneigenen Verhaltenskodex, begründet das Abstreiten der Vorwürfe im OECD-Verfahren so: „Zum Zeitpunkt der Aushandlungsprozesse mit der Kampagne für saubere Kleidung lagen uns diese unabhängigen Informationen nicht in abschließender Form vor.“

Cornelia Heydenreich von Germanwatch, deren Organisation ein sich seit Jahren hinschleppendes OECD-Verfahren gegen Continental betreibt, bedauert, dass es bisher keine verbindlichen Klagewege gibt. „Wir müssen versuchen, das Instrument der OECD-Leitlinien zu stärken, so lange wir nichts Besseres haben“, resümiert sie. Das sehen wohl auch einige Regierungen anderer OECD-Länder so: Es gibt Hinweise, dass die niederländische Regierung eine Kompetenzerweiterung der OECD-Kontaktstellen anstrebt.