Spaß beim Abstrampeln

Das „Conference-Bike“, konstruiert für bis zu sieben Personen, setzt beim Radeln Teamwork voraus. Unternehmen mieten es für Schulungsseminare

Die Passanten auf der Berliner Friedrichstraße sind ja einiges gewohnt: Staatskarossen und Luxuslimousinen schieben sich hier tagtäglich durch den Hauptstadtverkehr. Doch kaum ein anderes Gefährt erntet mehr ungläubiges Staunen und Lächeln als jenes krakenartige Vehikel: Wer mit dem Conference-Bike unterwegs ist, dem ist die Aufmerksamkeit seiner Mitmenschen sicher.

Schon allein, weil das Rad durch die Muskelkraft von bis zu sieben Personen gleichzeitig angetrieben wird. Eine gute Tonne wiegt das Gefährt dann mit seiner ausladenden Stahlkonstruktion, den Sätteln und Pedalen, Hochdruckbreitreifen und Motorradketten. Die Probefahrt beim Fahrradverleih am Bahnhof Friedrichsstraße geht nur mit vereinten Kräften vonstatten: Die Trittgeschwindigkeit muss passen, der Mann am Steuer gibt die Anweisungen, und beim schnellen Pedalieren – es gibt keine Gangschaltung – muss man auf die Knie des Sitznachbarn aufpassen. Ohne Teamwork geht nichts – und gerade das soll das Conference-Bike für immer mehr Organisationen interessant machen.

„Mit diesem Rad bringt man die Mitarbeiter in Schwung“, sagt Wolfgang Hölzner von der Fahrradstation am Bahnhof Friedrichstraße. Seit zwei Jahren hat er das Conference-Bike in seinem Verleihprogramm. 500 Euro pro Tag kostet die Leihgebühr – kein Wunder also, dass 80 Prozent seiner Kunden Firmen sind, die das Multi-Bike in ihre Veranstaltungen und Events einbauen, sagt Hölzner – und erzählt von einem Unternehmensvorstand, der sich mit einer Radrunde durch die Kongresshalle austobte oder den müden Tagungsteilnehmern einer Bankgesellschaft, die ein Wettrennen per Conference-Bike wieder auf Trab brachte. Das Conference-Bike bietet ein spaßig-sportliches Gruppenerlebnis, das ganz subtil auch eine bessere Kommunikationsbasis schafft.

Dabei werden die Conference-Bikes längst nicht mehr nur auf Firmen-Events und Betriebsausflügen eingesetzt. „Viele Unternehmen mieten die Räder für spezielle Schulungsseminare“, sagt Karl Köhnen vom Radverleih Geccotours im nordrhein-westfälischen Kleve. Er hat sieben der Pkw-großen Gefährte im Verleih. Einsatzkonzepte gibt es viele, von kurzen Entspannungsfahrten auf Tagungen bis hin zu mehrstündigen Überlandtouren, auf denen dann auch tatsächlich „konferiert“ werden kann: Sogar ein Laptop lässt sich auf der mittig angebrachten, trichterförmigen Gepäckablage befestigen, in der sonst auf Firmenfesten nicht selten auch ein Sektkübel Platz findet. Und wer nicht gerade lenkt, kann sogar ungestraft während der Fahrt das Handy zücken.

Entwickelt und gebaut wird das Conference-Bike von einem kleinen Sechs-Mann-Betrieb in Hannover – mit Erfolg. Trotz des stolzen Preises von 9.500 Euro hat „Velo.Saliko“ schon 50 Räder verkauft. „Das Konzept kommt gut an“, sagt Geschäftsführer Tilmann Sauerwein – beim Conference-Bike treten Fahrspaß und Geschäftssinn gemeinsam in die Pedale.

Davon zeugen nicht nur die vielen möglichen Werbeflächen an Stahlrahmen, Radkappen und einsteckbarem Sonnenschirm. Und inzwischen dient das Conference-Bike damit gar als Inspirationsquelle für angehende Existenzgründer. In Kooperation mit der Uni Hannover werden Businesspläne entwickelt, für die das Marketing-Konzept des skurrilen Velos Modell steht.

CHRISTOPH RASCH

Infos und Verleiher-Liste:www.conferencebike.de