Union stimmt gegen alles

Ob Energiegesetz, gestrichene Eigenheimzulage oder Dosenpfand – im Bundesrat demonstrierten die Christdemokraten gestern Einigkeit nur im Nein-Sagen

BERLIN taz ■ Nach der gestrigen Sitzung des Bundesrates könnten die Energiepreise bald sinken. Oder steigen. Oder bleiben, wie sie sind? Die Mitglieder der Länderkammer können nur hoffen, dass das neue Energiewirtschaftsgesetz hilft, die Preise zu senken. Bis die Hoffnung konkreter wird, müssen sich Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) und die Vertreter der Länder noch in einem entscheidenden Punkt einigen.

Nach einer Vorgabe der Europäischen Union muss Strom- und Gaslieferanten der Zugang zu fremden Netzen erleichtert werden. Deren Betreiber stehen unter Verdacht, ihre Monopolstellung zu missbrauchen um unliebsame Energiehändler vom Markt zu drängen. Die Folge: unterschiedliche Durchleitungsgebühren für fremden Strom von bis zu 300 Prozent.

Der Streit dreht sich im Kern um „vorher“ oder „nachher“. Clement will ab Januar die Netzbetreiber verpflichten, ihre Preise nach gesetzlichen Kriterien festzulegen. Schert ein Betreiber im Verhältnis zu Mitbewerbern nach oben aus, soll er es „umgehend mit der Regulierungsbehörde zu tun bekommen“, sagte Clement gestern im Bundesrat. Darüber war er sich mit den Wirtschaftsministern der Länder noch im Frühjahr einig. Jetzt aber fordern diese, die Durchleitungspreise von der Regulierungsbehörde erst genehmigen zu lassen, bevor sie an die Kunden weitergegeben werden.

Der baden-württembergische Wirtschaftsminister Ernst Pfister (FDP) erklärte den Gesinnungswandel mit der Strompreis-Debatte der vergangenen Wochen. Mit der Vorher-Regelung hätte der Staat auf jeder Preisgestaltung den Daumen. Clement befürchtet erheblichen bürokratischen Aufwand, um die 1.700 Gas- und Stromnetzbetreiber im Vorfeld zu regulieren. Für einen geplanten Strompreisgipfel bei Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) gibt es übrigens nach wie vor keinen Termin.

Auch im Bundesrat: die Eigenheimzulage. Die Bundesregierung will sie abschaffen, um die dann frei werdenden knapp 7 Milliarden Euro in Forschung und Bildung investieren zu können. Mit der Mehrheit der unionsgeführten Länder lehnte der Bundesrat das Gesetz in einer ersten Stellungnahme ab. Weil es ohne Zustimmung der Länderkammer nicht in Kraft treten kann, dürfte es staatlich subventionierten Eigenheimbau wohl noch einige Zeit geben.

Beinahe hätte der Bundesrat die Republik von der leidigen Debatte um das Dosenpfand befreien können. Im Vorfeld der Sitzung machte Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) deutlich, nicht Wesentliches mehr gegen einen bayerischen Kompromissvorschlag einzuwenden zu haben. Baden-Württemberg war auch dafür, die Mehrheit im Bundesrat wäre gesichert gewesen. Wenn nicht die CDU insgesamt so zerstritten wäre. Die vier vorliegenden Anträge zur Verpackungsverordnung wurden gestern von der Tagesordnung genommen. Ein halbes Jahr haben die Kontrahenten Zeit sich zu einigen. Dann werden möglicherweise Saft und Milch mit einem Pflichtpfand belegt.

THORSTEN DENKLER