Prämiert für wilde Natur

Wo früher nur Entenflott und Mücken waren, quaken heute Laubfrösche. Die Betreiber des Lämmerhofes in Schleswig-Holstein erhielten den diesjährigen Förderpreis Ökologischer Landbau. Naturschutz ist in die landwirtschaftliche Praxis integriert

VON DIERK JENSEN

Ute Thode und Detlef Hack mögen den Begriff „Naturschutz“ eigentlich gar nicht. Wieso die Natur schützen, wenn sie Bestandteil des eigenen Handelns ist? Schutz impliziere immer Bedrohung, von der auf ihrem Lämmerhof im schleswig-holsteinischen Panten allerdings nicht die Rede sein kann. Das Paar spricht lieber von Harmonie und von Balance, die sie zwischen Landwirtschaft und Natur suchen. „Das Yin im Moor, das Yang in der Produktion“, greift Ute Thode auf fernöstliche Termini zurück. „Das weibliche Element ist in der Natur zu finden, das männliche in der Landwirtschaft.“ Doch nur zusammen können sie eine Einheit bilden.

Einer Einheit, der sich Thode und Hack auf ihrem Hof auf ungewöhnliche Art und Weise genähert haben. Dafür erhielten sie den Förderpreis Ökologischer Landbau 2004. „Der Lämmerhof hat in vorbildlicher Weise Naturschutzmaßnahmen in die landwirtschaftliche Praxis integriert“, lobte die den Preis vergebende Jury den Betrieb. Mit großem Aufwand gelang es, ein schon fast trockengelegtes Moor inmitten der Wirtschaftsflächen wieder zu beleben. Nach dem Fluten und Anheben des Wasserstandes vor einigen Jahren quaken nun wieder Frösche, surren Libellen und kreischen Vögel im Feuchtbiotop.

Freiwillig überlässt Hack einen Teil seiner Wirtschaftsfläche der Natur. Für den 42-Jährigen ist dies kein Widerspruch, denn er begreift sich als „bloßen Produzenten“. Er sieht sich als Landwirt, der ohne wilde Natur nicht wirtschaften möchte. Gern führt er seine Besucher über Felder und ins Moor, wo die Feldlerchen ihr Lied singen und manchmal sogar jagende Seeadler zu sehen sind. Ist das aber auch in Zeiten fallender Produktionspreise und zunehmender Konkurrenz wirtschaftlich? „Der Verdienst könnte immer mehr sein“, meint Detlef Hack nüchtern, „wir kommen aber klar.“

Der wohl wichtigste Garant für den wirtschaftlichen Erfolg ist für ihn und Thode letztlich die vertrauensvolle, enge und persönliche Zusammenarbeit mit den Verarbeitern. Hack beliefert fünf Biobäckereien im Großraum Hamburg mit Hafer, Roggen, Weizen und Dinkel. Die Verkaufspreise liegen über dem Durchschnitt der Bioland-Getreidepreise.

Mit dem „Förderpreis Ökologischer Landbau“ werden Biobetriebe prämiert, welche die glücklichsten Hühner halten, die zufriedensten Kunden haben oder die größten Kartoffeln ernten. Mit anderen Worten: Die beste Vermarktung, die klügste Anbauidee, der tiergerechte Stall oder generell das innovativste, naturgerechte Betriebskonzept – wie im Falle Lämmerhof – wird mit der vom Bundesministerium für Verbraucherschutz ausgelobten Auszeichnung belohnt.

Der mit 25.000 Euro dotierte Preis wird das nächste Mal im Januar 2005 in Berlin zum fünften Mal vergeben. Beworben haben sich in diesem Jahr von den mehr als 16.000 Ökobetrieben in Deutschland (Stand Ende 2003) genau 49 Betriebe. Das Verbraucherministerium erhofft sich vom Preis zweierlei: Einerseits sollen die ausgezeichneten Betriebsmodelle Landwirte zur Nachahmung animieren. Andererseits hofft man mit der Preisverleihung auch, eine größere Öffentlichkeit als bisher für den Ökolandbau zu gewinnen.

Die Bäcker jedenfalls „sind begeistert von unseren Bemühungen, mehr Natur zuzulassen, und sind bereitet, dafür faire Preise zu bezahlen“, verrät Hack, der auch mal selber in die Bäckereien fährt und Kunden in die Betriebsphilosophie des Lämmerhofes einweiht. „Die Kunden honorieren unser Engagement für die Natur. Vorausgesetzt allerdings, die Qualität unserer Produkte stimmt. Wenn nicht, dann machen die Kraniche und das schöne Froschkonzert das auch nicht wieder wett.“