Senioren stinken Windeln weiter

Senioren aus Salzgitter demonstrieren wegen mangelhafter Versorgung mit Inkontinenzmitteln gegen die AOK in Hannover: Windeln seien minderwertig und die Kasse lasse Ältere und Querschnittsgelähmte „im Nassen“ sitzen

Delikates Thema, alter Spruch: Billiger ist nicht immer besser. Das gilt auch für Windeln. Je nach Schätzung demonstrierten am Montag 50 bis 70 Senioren aus der Region um Salzgitter am Montag vor dem Landtag und dem Sitz der Krankenkasse AOK in Hannover für eine bessere Versorgung mit Inkontinenzmitteln. „Wir wollen trockene Lösungen“, „Früher haben wir Deutschland aufgebaut und jetzt schiebt man uns an den Rand“ und „Die AOK lässt uns im Nassen sitzen“, stand auf Transparenten.

Den Senioren und Querschnittsgelähmten stinkt die mangelnde Versorgung mit Inkontinenzmitteln durch die AOK. „Die Windeln klumpen, es läuft links und rechts die Beine herunter“, sagt Irene Rodermund, Vorsitzende des Seniorenbeirats Salzgitter. Für die Organisatorin des Windel-Protests behandelt die Krankenkasse AOK ihre Versicherten „menschenverachtend“: Auch sechs Monate nach der Neuregelung der Windel-Versorgung durch die Krankenkasse gebe es wund gelegene Patienten, Lieferengpässe und viele falsche Lieferungen. Den von der AOK angebotenen Kaffee und Kuchen habe keiner der Protestierenden angerührt, freut sich Rodermund. „Wenn nicht bald was passiert“, ärgert sie sich, „fahren wir nach Berlin“.

Seit vergangenem Oktober schreibt die AOK europaweit Großaufträge für Windeln und andere „Hilfsmittel“ wie Rollstühle oder orthopädische Schuhe aus – aus Spargründen. Bei der Umsetzung eines neuen Gesetzes wollte die Kasse „Vorreiter“ sein. Das günstigste Windel-Angebot hat jedoch offenbar qualitative Mängel. Aber die AOK konnte die Windel-Pauschale an Pflegeheimen von monatlich 39,90 Euro pro Versichertem auf rund 33 Euro senken. Durch die Ausschreibungen sollen in diesem Jahr 4,5 Millionen Euro gespart werden.

Die landesweit am Anfang der Umstellung aufgetretenen Probleme seien inzwischen behoben, es handele sich um ein auf Salzgitter begrenztes „lokales“ Problem, sagte AOK-Sprecher Klaus Altmann. „Auf einem guten Weg“, sah er die Kasse gestern. Die landesweite Beschwerdequote von Heimen und ambulant untergebrachten Patienten liege laut Altmann inzwischen bei 1,2 Prozent. Zudem sichere die Kasse Patienten nun zu, Probleme binnen 24 Stunden abzustellen. Eine „Windel-Hotline“ wurde eingerichtet, die AOK hat Inkontinenz-Beauftragte ernannt und führt Qualitätskontrollen durch. Pflegekräfte kämen bei Bedarf sogar nach Hause. KAI SCHÖNEBERG