Mit 140 Sachen am Strand

„Das war schon beinah Harakiri“: Trotz widrigster Bedingungen bei sieben bis acht Windstärken konnten die Strandsegler bei der Weltmeisterschaft ihr Ding durchziehen. Das französische Team segelte zu den Klängen der Marseillaise allen davon

aus St. Peter-Ording OKE GÖTTLICH

Der Ohrwurm des Abends kam aus Frankreich. Wiederholt, eigentlich im Dauer-Repeat-Modus tönte die „Marseillaise“ aus den Lautsprechern. Unzählbar viele französische Segler bestiegen das Siegerpodest und feierten ihre Erfolge bei den Weltmeisterschaften. Dass es überhaupt zu einer Siegerehrung kam, beurteilte der Vorsitzende des Yachtclubs St. Peter-Ording, Jochen Löhmann, schlichtweg als Sensation. „Ich bin nun schon seit 30 Jahren dabei und habe noch nie widrigere Bedingungen erlebt, als in diesem Jahr.“

Machten es die norddeutschen Herbststürme den 117 Seglerinnen und Seglern doch bis zum Finaltag am Freitag unmöglich auf die erforderliche Anzahl von drei Rennen zu kommen, um die Weltmeister in den vier Rennklassen zu bestimmen. Auch die Nordsee zeigte sich von ihrer rauhen Seite und überspülte die als Rennareale gedachten Sandbänke. „Unser Problem waren neben sieben bis acht Windstärken die heftigen Regenfälle, die für allzu viele Stolperfallen auf dem Kurs sorgten. Das ist dann sehr gefährlich, fast schon Harakiri“, erklärte Roland Gäbler.

Der dreimalige Tornado-Weltmeister und Bronzemedaillen-Gewinner der Olympischen Spiele von Sydney belegte am Ende nur Platz 27 in der beliebtesten Klasse III. „Die starken Winde sind natürlich für die Besten der Szene von Vorteil“, so der Segelprofi. Gäbler selbst hatte als Quereinsteiger in die Strandsegelei auf leichte Winde gehofft, denn „bei viel Wind kriegst Du schon ein bisschen Schiss, während die Profis an dir vorbeiheizen und ihren Angstschalter einfach ausgemacht haben.“ Bei Geschwindigkeiten von bis zu 140 Stundenkilometern spielt Mut eben eine wichtige Rolle.

Eine Stärke, die Lokalmatador Hans-Werner Eickstädt auf seiner Heimatstrecke ausspielen wollte. Doch der Norddeutsche belegte einen etwas entäuschenden siebten Platz und überließ die Podiumsplätze in der spektakulärsten Klasse III gleich drei Franzosen. Weltmeister Loic Dupret, Francois Grard und Olivier Imbert sicherten sich so auch den ersten Rang in der Teamwertung vor Belgien und Deutschland. Ein Bild, dass sich in zwei von drei weiteren Klassen wiederholte. In den Klassen V und Standard feierten drei Franzosen auf den ersten Plätzen. Lediglich der belgische Weltmeister Johan Sobry konnte in der Klasse II die Franzosen auf die Plätze verweisen.

Die französische Erfolgsserie kommt nicht von Ungefähr. Die Sportart ist an der dortigen Westküste Schulsport. Sieben Vereine stellen Segler und Seglerinnen ab, um sich für die Großereignisse zu qualifzieren. „Die Selektion ist in Frankreich viel strenger. Während wir in Deutschland die 12 Besten aus 20 Seglern suchen, sind es dort die besten zwölf aus 200“, erklärt Löhmann. Zusätzlich reist die französische Equipe mit einem eigenen Physiotherapeuten an und zahlt ihren erfolgreichen Sportlern auch Preisgelder. Undenkbar für deutsche Funktionäre wie Löhmann. „Bei uns ist das ganze bislang ein Hobby. Nur wer einen so großen Dachverband wie die Franzosen hat, kann aufgrund von vielen Beitragszahlern auch Preisgelder ausschütten.“

Beschweren will sich Löhmann aber keineswegs. „Auch in Deutschland sind wir auf einem guten Weg. Die öffentliche Akzeptanz für Strandsegeln ist deutlich gestiegen. Das zeigt sich auch am Sponsoreninteresse“, freut sich der Vorstandsvorsitzende trotz der schwierigen Witterungsbedingungen während der WM.