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Klimek hat ausgepokert

Nach dem gestrigen Sieg im Heimspiel gegen TuSEM Essen stehen die Zeichen beim HSV Handball vereinsintern auf Neuanfang

aus Hamburg CHRISTINA STEFANESCU

„Kämpfen statt pokern?“ forderten die Fans des HSV-Handball gestern beim Spiel gegen TuSEM Essen. Gepokert hatte Hauptgesellschafter Winfried Klimek bis zu seinem Rückzug aus der Vereinsspitze am späten Nachmittag. Da saß er nach dem 28:25-Sieg gegen Essen bei der Pressekonferenz in der Color Line Arena und verkündete sein Sanierungskonzept für den finanziell angeschlagenen Verein. „Ich werde mich vollständig vom Handballsport zurückziehen“, erklärte Klimek. Er übertrage alle Gesellschaftsanteile der Omni Sport treuhänderisch dem Rechtsanwalt Arnd-Joachim Westphalen.

Bis zum 20. Oktober werde bei einer Gesellschafterversammlung eine Satzungsänderung beschlossen und ein Aufsichtsrat bestimmt. „Die Gesellschafterversammlung wird einen Geschäftsführer bestellen“, erörterte Treuhänder Westphalen.

Dass das Spiel überhaupt in der Color Line Arena stattfinden würde, konnte der HSV erst am Freitag bestätigen. Die Arena-Geschäftsführung hatte die Vorauszahlung der Miete zur Bedingung gemacht. Klimek zahlte – am Freitag. Genauso in letzter Sekunde wie die Spielergehälter für August. „Die Verhältnisse sind endlich geklärt“, sagte HSV-Präsident Heinz Jacobsen zur taz. Finanziell sei der Verein auch über den nächsten Monat hinaus abgesichert.

Klare Verhältnisse hat der HSV nach den Querelen der letzten Wochen bitter nötig. Auch nach dem Klimek-Rückzug sind noch Verbindlichkeiten in Millionenhöhe offen. So wartet etwa die Color Line Arena auf die Miete für die letzte Saison. Arena-Geschäftsführer Uwe Frommhold bestätigte gegenüber der taz einen offenen Betrag in Höhe von 250.000 Euro.

Im Gespräch beim HSV bleibt Traber-Präsident Jürgen Hunke. Nachdem er bereits im Lizensierungsverfahren mit einem Darlehen ausgeholfen hatte, wird Hunke dem Verein auch bei einem Neuanfang ohne Klimek mit Rat und wenn nötig auch mit finanzieller Unterstützung zur Seite stehen. Jacobsen freute sich über Hunkes Angebot: „Ich möchte Herrn Hunkes Interesse gerne in Anspruch nehmen. In welcher Form werden wir in den nächsten Tagen klären“, sagte er.

Sportlich läuft es auch weiterhin gut für den HSV. Nach dem Sieg gegen Essen steht die Mannschaft von Trainer Bob Hanning auf Platz 4 der Tabelle. Dabei überzeugte am Sonntag besonders Jungstar Matthias Rauh. Der 23-Jährige war mit sieben Treffern, davon vier per Siebenmeter, der erfolgreichste Torschütze. Trainer Hanning war sehr zufrieden mit der kämpferischen Leistung seiner Mannschaft: „Jeder wollte den Verein am Montag beerdigen. Ich bin froh, dass wir weiter leben.“

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