Frustschnaps inklusive

Bremens erstes schulübergreifendes Theater B.E.S.T. ist über den Status des Schülertheaters hinausgewachsen. Ab Dienstag zeigt die ambitionierte Truppe ihre neue Eigenproduktion ,,GeschlechterGefechter“ im Bremer Tivoli. Ein Probenbesuch

Diskothek Tivoli in Bremen Hemelingen. Die Musik dröhnt, an den Theken sitzen ein paar Jungs und trinken Bier, ein paar Mädels tanzen, die Scheinwerfer blinken. Gesprächsfetzen schwirren durch den Raum: „Kommst du noch mit auf einen Kaffee?“ – „Möchtest du was trinken?“ – „Wie war noch mal deine Nummer?“ Es ist Samstag, kurz vor 13 Uhr und Bremens erstes schulübergreifendes Theater B.E.S.T. probt im Tivoli unter der Leitung von Karl-Heinz Wenzel ihr neues Stück „GeschlechterGefechter“.

Viele kleine Szenen, viel Musik und viel Tanz puzzeln sich zu einem Bild zusammen, ironisch, klischeehaft, doch liegt in jedem Klischee nicht auch ein wenig Wahrheit? Was ist typisch Mann, was ist typisch Frau? Gibt es das überhaupt, „typisch“? Die Diskothek als Schlachtfeld: Die Jungs nehmen ihren ganzen Mut zusammen und sprechen die Frau ihres Herzens an, doch die lacht nur und gibt ihm postwendend einen Korb. Ihr Lästermäuler, ihr dummen Hühner, ihr Klatschweiber, ihr Zicken, rufen die enttäuschen Jungs und kippen Frustschnaps. Frauen! Das zarte Geschlecht ist unbeirrt auf der Suche nach dem perfekten Mann, den es nirgends gibt. Besser fünf Männer als einer: Dich nehme ich fürs Bett, dich als Kuschelbär, dich für die Kultur, dich als Bodyguard, dich als Vater meiner Kinder.

Die Welt ist eine Bühne, und die Bühne ist eine Diskothek: Gespielt wird „GeschlechterGefechter“ im ganzen Raum des Tivoli, an den Bars, auf der Bühne, auf der Tanzfläche, an den Tischen. Und mitten im Publikum. Noch allerdings ist niemand da. Spielleiter Karl-Heinz Wenzel ruft: „Jetzt geht die Tür auf, die Zuschauer kommen rein. Ihr macht weiter, lasst euch nicht irritieren.“ Okay. Nicht irritieren lassen.

Doch wenn sie an Dienstag, den Tag der Premiere denken, wird einigen schon etwas mulmig. Marc, 30 Jahre, ist zum siebten Mal bei B.E.S.T. dabei. Eigentlich ein alter Hase, aber: „Diesmal ist es anders, das Publikum steht direkt neben uns, es gibt keine Schutzzone.“ Marc ist der Älteste, eigentlich wollte er im letzten Jahr aufhören, doch B.E.S.T. lässt ihn nicht los. Wie etliche andere: In diesem Jahr überwiegen in der Truppe die Nicht-Schüler. Als einzige Schülerin ist die 18-jährige Jenny mit dabei.

B.E.S.T. zeigt seit 13 Jahren Eigenproduktionen an wechselnden Orten. Sie haben in Lagerhallen gespielt, im Güterbahnhof oder auch in der Böttcherstraße. Nein, Schultheater sei es nicht, was sie hier machen würden, sagt die 20-jährige Julia. B.E.S.T sei professioneller, der Stressfaktor auch höher.

In den letzten sechs Wochen haben sie viermal in der Woche fünf Stunden geprobt. Am Anfang waren sie doppelt so viele, aber etliche seien mit dem Proben nicht klargekommen. Denn es ist sehr persönlich, was sie da spielen. Jeder hat sich seine Rolle und Biographie selbst geschaffen. Jenny meint, „man lernt, Schamgrenzen zu überwinden und bekommt Selbstbewusstsein“, einige sprechen von „Selbsterfahrung“ und „dass man aus sich herausgehen muss“.

Bei der Premiere werden sie alle persönlichen Dinge ablegen müssen, Ringe, Halsketten und Ohrstecker, „damit wir nicht aus der Rolle fallen“, erklärt Jana. „Deswegen tragen wir auch Kostüme, die möglichst wenig mit uns selbst zu tun haben, damit man eben in die Rolle hineinsteigt, wenn man das Kostüm anzieht.“ Ein bisschen Schutz muss sein, mitten auf dem Schlachtfeld, mitten im Publikum.Anna Postels

Premiere: 28. September. Weitere Vorstellungen: 29. und 30. September, 1. und 4. bis 8. Oktober, jeweils 20 Uhr im Tivoli, Hannoversche Straße 11