Jagd auf schwarze Schafe

Um Sozialhilfemissbrauch aufzuspüren, hat der Senat die Behörden vernetzt: Beim Sozialdatenabgleich werden Arbeitsamt, Kfz-Zulassungsstelle und Bundesamt für Finanzen befragt

von SAVINA KOCH

Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) beteuert stets, sie hege keinen Generalverdacht gegen Sozialhilfeempfänger. Das Hamburger Regierungsprogramm indes beschäftigt sich unter dem Stichwort „Soziales“ fast ausschließlich mit dem Aspekt des Sozialmissbrauches. Um diesen aufzuspüren, hat der Senat die Behörden auf Initiative der Senatorin hin vernetzt. Seit Dezember 2001 werden die Daten des Sozialamtes mit denen des Arbeitsamtes und der Kfz-Zulassungsstelle regelmäßig abgeglichen – und bei Treffern an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Seither häuften sich merklich die Prozesse gegen EmpfängerInnen staatlicher Leistungen.

In der Tat gibt es immer wieder schwarze Schafe, die alle Klischees bedienen: Im Sommer hat das Amtsgericht Barmbek ein Ehepaar wegen Betruges verurteilt, das 22.700 Euro Sozialhilfe bezogen und sich mit zusätzlichen Leistungen des Arbeitsamtes einen Mercedes finanziert hat. Auch ihnen ist die Staatsanwaltschaft durch den Datenabgleich auf die Schliche gekommen. Der hat sich schnell in der Kasse der Hansestadt bemerkbar gemacht: Rund fünf Millionen Euro Schaden war dem Sozialamt Schätzungen zufolge durch die Doppel- und Dreifach-Kassierer von Mitte 2002 bis zum Sommer dieses Jahres entstanden. Die Behörden rechnen mit einer Rückzahlung von rund einem Sechstel der Summe. In den ersten zehn Monaten nach Einführung des Systems hatte man bereits Strafanzeige gegen 532 Betrüger gestellt.

Beim Sozialdatenabgleich (SODA) wird bei allen Sozialhilfeempfängern quartalsmäßig überprüft, ob sie noch ein anderes Einkommen haben. Dazu gehören unter anderem Gelder aus 400-Euro-Jobs, Arbeitslosengeld und Renten. Seit vergangenemDezember werden die Angaben zusätzlich auch noch mit den Daten des Bundesamts für Finanzen verglichen. „Wenn verglichen wird, kann man mehr aufklären“, erklärt Oberstaatsanwalt Rüdiger Bagger. Und Sozialsenatorin Schnieber-Jastram betont, deutlich machen zu wollen, „dass wir diejenigen Menschen nicht dulden, die unsere Hilfe nicht benötigen, sie aber dennoch – und zwar letztlich auf Kosten der Steuerzahler – in Anspruch nehmen“.

Ein 57 Jahre alter gelernter Zweiradmechaniker beispielsweise hatte seit Mitte 2002 Sozialhilfe bezogen. Er sei aus einem Fahrradladen, in dem er nur zeitweise und nicht angestellt beschäftigt war, rausgeflogen, hieß es in seinem Antrag auf staatliche Leistungen. Durch den Vergleich der Daten kam heraus, dass der Mann selbst eine Firma hatte, in der neue und alte Fahrräder geschraubt und verkauft wurden. Er hatte sogar Angestellte. Als sich von diesen einer arbeitslos meldete, flog der Schwindel auf. Seinen Chef kam die Mauschelei schließlich teuer zu stehen: 5000 Euro Geldstrafe und die Rückzahlung der erschwindelten Lebenshilfe von rund 4000 Euro.

Mit welchen Summen die Stadtkasse künftig rechnen kann, wird sich zeigen. Da der Datenabgleich jetzt regelmäßig stattfindet, scheint ein Großteil der schwarzen Schafe bereits ausgesiebt: Laut Oberstaatsanwalt Bagger haben sich die Schadensfälle und damit auch die angezeigten Taten in diesem Jahr bereits deutlich verringert.