Wider den letzten Schnaufer

Endet der Moorexpress unabwendbar auf dem Abstellgleis? Für den Betreiber und die Landesnahverkehrsgesellschaft ist der Zug längst abgefahren. Aber der Verkehrsclub Deutschland kämpft via Gegengutachten tapfer weiter und hofft auf die Politik

Worpswede taz ■ Noch bimmelt und tutet er, der Moorexpress. Mittelfristig allerdings wird sich der historische Triebwagen mit seinen Fahrrad-Anhängern neben der Spur wiederfinden: Die Strecke zwischen Osterholz-Scharmbeck und Stade soll stillgelegt werden, da eine Sanierung fällig wird, die niemand zahlen will: Beim Betreiber Verkehrsbetrieb Elbe-Weser-GmbH (EVB) hat der Aufsichtsrat beschlossen, in diesem Fall „keine Investitionen mehr“ zu tätigen, so Geschäftsführer Ulrich Koch. Und der zweite mögliche Retter, die niedersächsische Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG), bewertet die Strecke als Auslaufmodell: Eine Nutzwertanalyse habe ergeben, dass die Strecke nicht der Reaktivierung würdig sei.

Trotzdem steht der Moorexpress noch nicht ganz auf dem Abstellgleis: Der Worpsweder Professor Gerd Weidemann hat sich im Auftrag des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) die Nutzwertanalyse der LNVG vorgenommen und kommt zu dem Ergebnis, dass das Gutachten „weder seriös noch nachprüfbar“ sei. Weidemann errechnete ein Pendler-Potenzial von ca. 1.300 Personen pro Werktag auf dieser Strecke und lag damit 2,5-fach höher als die LNVG-Analysten. Außerdem stellte er fest, dass die Kosten für die Sanierung auf 10,88 Millionen Euro anzusetzen seien und nicht, wie die LNVG errechnete, auf 21,07 Millionen Euro.

Was die LNVG allerdings wenig beeindruckt: Weidemanns Rechnung seien nicht zu kommentieren, da man nicht wisse, auf welcher Kalkulationsbasis und mit welchen empirischen Daten hier gearbeitet worden sei. Klar sei nur: „Unsere Zahlen sind fundiert bewiesen“, so LNVG-Sprecherin Karin Thümlein. Und fest stehe: „Wir werden die Strecke nicht reaktivieren.“

Ende im Gelände? Für Wolfgang Konukiewitz vom Landesvorstand des VCD keineswegs. Die Reaktion der LNVG zeige gerade, „wie relativ solche Berechnungen sind. Und genau das wollten wir herausarbeiten.“ Die Nutzwertanalyse der LNVG sei sowieso nur eine Art „Vorgutachten – es handelt sich dabei noch nicht um ein Rentabilitätsgutachten.“ Und genau ein solches möchte Konukiewitz in Gang bringen. „Da sind jetzt die Politiker am Zug. Und dann ist es ist eine politische Entscheidung, ob man den ländlichen Raum abgeschrieben hat oder fördern will.“

Für den Moorexpress allerdings müsste diese Entscheidung bald fallen: Im Winter könne er noch fahren, so Liesbeth Klerken von der Touristikagentur Kulturland Teufelsmoor. „Aber sobald die Sicherheit auf der Strecke nicht mehr gewährleistet ist, entfällt der Verkehr.“ Eine Prognose? „Wir planen gerade noch den Sommerfahrplan. Darüberhinaus trauen wir uns nichts vorherzusagen.“

Klaus Irler