„Die beiden sind ein gutes Paar“

Popkomm und Berlin passen bestens zueinander, findet Petra Müller. Die Medienboard-Geschäftsführerin glaubt an den Musikstandort Berlin. Obwohl Sony Music gen München verschwindet, werde so bald niemand folgen

taz: Wird die Popkomm zum Magneten des Medienstandortes Berlin?

Petra M. Müller: Die Effekte der Popkomm sind abzuwarten. Das Zusammenspiel von Medien und Musik in Berlin ist aber bereits Fakt und eine der großen Stärken des Standorts. Also wo, wenn nicht hier, soll die Popkomm stattfinden?

Bringt der Umzug der Messe neuen Schwung?

Davon bin ich überzeugt. Das ist schon sehr besonders, was hier zusammenkommt: die Messe, die internationale Aufmerksamkeit für Berlin, gerade was die Musik angeht, die Szene, die hier versammelt ist. Ich denke, dass Berlin und die Popkomm ein gutes Paar sind.

Internationale Stars wie Björk oder Eminem fehlen. Tritt nur die zweite Liga an?

Richtig ist, dass die deutschen Acts im Vordergrund stehen. Das ist aber mitnichten zweite Liga, sondern ein gutes Abbild der jüngsten Entwicklung. Nämlich der, dass deutsche Musik im deutschen Markt eine viel größere Rolle spielt – besonders die aus Berlin. Das ist vergleichbar mit dem deutschen Film. Daneben sehe ich die Popkomm in erster Linie als Profi-Termin. Dabei zählt weniger die Party, sondern das Geschäft.

Die hiesige Musikindustrie musste Verluste hinnehmen: Schwächt der Weggang von Sony Music den Standort?

Das ist natürlich nicht schön. Erst recht nicht vor dem Start der Popkomm. Aber ich denke, dass das keine Entscheidung gegen Berlin war, sondern eine, die aus der Fusion erwachsen ist.

Drohen weitere Abwanderungen?

Die Gefahr sehe ich zunächst nicht. Ich will das nicht schönreden. Es ist auch abzuwarten, welche Teile von Sony Music tatsächlich nach München gehen.

Sony Music geht nach München, Premiere bleibt dort – wo steht Berlin als Medienstadt?

München und Köln sind traditionell starke Konkurrenten, was die Medien angeht. Das gilt aber nicht für den Musikbereich. Berlin ist durch die Hauptstadtfunktion, die Offenheit und die Brüche der Stadt besonders reizvoll für Kreative. Das Zusammenspiel verschiedener Szenen ist einzigartig hier. Ich denke, die Musikszene ist hier auch in Zukunft bestens aufgehoben.

Hat sich die Musikindustrie als Standortfaktor aufgrund der Digitalisierung nicht bald erledigt?

Die Musikindustrie hat lange gebraucht, um zukunftsfähige Vertriebslösungen zu entwickeln, so dass unautorisierte Downloads zu Umsatzeinbrüchen geführt haben. Die Kommunikation mit den Konsumenten und der systematische Talentaufbau wird aber ohne industrielle Strukturen nicht funktionieren. Es wird voraussichtlich eine Stärkung mittlerer und kleinerer Labels geben. Die Karten werden neu gemischt.

INTERVIEW: MIRJAM DOLDERER