ddr, 28. 9. 1989: noch 11 Tage bis zur Wende
: Prager Botschaft: 1.000 Flüchtlinge in einer Nacht

– 26.500 DDR-Bürger sind bislang über Ungarn geflohen.

– 1.000 Menschen klettern über den Zaun der Prager BRD-Botschaft. Gesamtzahl: über 2.000.

– Rechtsanwalt Vogel bietet ihnen freiwilligen Rückkehr in die DDR an – man dürfe dann binnen weniger Wochen legal ausreisen. Um dies schmackhaft zu machen, wird ihnen offeriert, Angehörige und Habe mitnehmen zu dürfen. Das glaubt kaum jemand, nur 50 nehmen an.

– Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher spricht in New York mit sowjetischem Kollegen Eduard Schewardnadse über die Situation in den Botschaften. Der sagt zu, auf Besserungen in Prag, Budapest, Warschau drängen zu wollen.

– Leipzigs Bezirksstaatsanwalt droht den Pfarrern Christian Führer und Christoph Wonneberger mit Haftstrafen, falls sie weiterhin das „Recht der DDR verletzen“. Sie organisieren Montagsgebete in der Nikolaikirche.

– Staatsratsvorsitzender Willi Stoph zeichnet 15 Kollektive für hervorragende Leistungen im sozialistischen Wettbewerb aus.

– Bayerns Regierungschef Max Streibl (CSU) will neue Kredite für DDR. Wiedervereinigung sei kein Thema.

Geheimen Kommandosache zur Verschuldung der DDR – erstellt u. a. von Außenhandelsminister Beil und Schürer (Chef der staatlichen Plankommission):

„Die gegenwärtige Zahlungssituation der DDR im Handel mit dem NSW ist dadurch gekennzeichnet, dass wir zur Einhaltung unserer Zahlungsverpflichtungen (…) bereits jetzt weitestgehend von kapitalistischen Kreditgebern abhängig sind. Die jährliche Kreditaufnahme der DDR liegt bei 8–10 Mrd. Valuta (…) die bei ca. 400 Banken mobilisiert werden muss. (…) Unter Berücksichtigung des 1989 voraussichtlich eintretenden Importüberschusses von 0,2 Mrd. VM reichen die dem bisherigen Konzept zugrunde gelegten Exporte nicht aus.“ RENI