daily dope (373)
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Österreichs verschärftes Anti-Doping-Gesetz zeigt erstmals Zähne. In den letzten Tagen wurden ein Radprofi, ein Wiener Apotheker und der ehemalige Cheftrainer der Nordischen Schifahrer Walter Mayer verhaftet. Mayer, das ist derjenige, der im Februar 2006 nach dem Blutdoping-Skandal im Turiner Olympia-Lager der Langläufer und Biathleten Hals über Kopf aus dem olympischen Dorf geflohen und dann in selbstmörderischer Absicht gegen eine Straßensperre gekracht war. Mayer ist seither mit einem lebenslangen Olympiabann belegt.

Allen dreien wird vorgeworfen, das Blutpräparat Epo widerrechtlich verkauft oder weitergegeben zu haben. Nachdem in Österreich lange Zeit eher lax gegen Dopingsünder vorgegangen wurde, verschärfte der Nationalrat im vergangenen August das Dopinggesetz. Vor allem der Strafrahmen wurde erhöht. Maximal drei Jahre Haft drohen; bei großen Mengen sogar fünf Jahre. Bestraft wird, wer unerlaubte Substanzen „in Verkehr setzt“ oder bei anderen anwendet. Wer selber dopt, wird nicht verfolgt. Die bis zu lebenslange Sperre sei Strafe genug, argumentierten damals die Abgeordneten.

Sport- und Verteidigungsminister Norbert Darabos, SPÖ, sieht sich durch die jüngsten Verhaftungen aber in seiner Meinung bestätigt, dass weiter verschärft werden müsse. In den Abendnachrichten „Zeit im Bild 2“ sagte er am Montag, er wolle Dopingnetzwerke zerschlagen. Was ihm besondere Sorge bereitet, ist das Vordringen des Dopings in den Hobby- und Massensport. Es mussten schon Hobby-Radrennen abgesagt werden, weil nach anonymen – aber falschen – Warnungen im Internet, es werde eine Dopingkontrolle geben, die Hälfte des Feldes „krankheitsbedingt“ weggeblieben sei. Eine deutsche Studie, wonach jeder fünfte Hobbysportler sich unerlaubter Mittel bediene, ist laut Experten auch auf Österreich anwendbar. Besonders Radsportler, Langstreckenläufer und Bodybuilder griffen häufig zu Anabolika.

Der letzte Woche festgenommene 32-jährige Radprofi wurde nicht nach einer Dopingkontrolle, sondern im Zuge kriminaltechnischer Ermittlungen gefasst. Er war schon vergangenes Jahr von einem Kollegen der Einnahme von Dopingmitteln beschuldigt worden. Die Anti-Doping-Agentur Nada hat von den Festnahmen wenig. Da sie keine Behörde ist, wird sie von der Staatsanwaltschaft weder Vernehmungsprotokolle noch allfällige Kundenlisten bekommen.RALF LEONHARD