Niedersachsens Kultur-Streiche
: Protestnote der Kleinen

Das Versprechen klang gut: Die freien Kultureinrichtungen in Niedersachsen, so tönte Kulturminister Lutz Stratmann (CDU) kurz nach der Wahl, sollten trotz Haushaltsnot von Kürzungen verschont bleiben. Insbesondere die Soziokulturellen Zentren, lobte der Minister, würden sehr erfolgreiche Arbeit leisten. Gleiches gelte für die Freien Theater, bei denen „mit wenig Geld viel ehrenamtliches Engagement gefördert“ werde.

Trotzdem sollen ausgerechnet sie jetzt besonders stark bluten. An jährlich 100.000 Euro weniger für die Soziokultur und minus 56.000 Euro für die freien Theater führe kein Weg vorbei, hat Stratmann in Gesprächen mit der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Soziokultur und dem Landesverband Freier Theater klargemacht – eine Sparquote von rund fünf Prozent. Der Sparschnitt im 165 Millionen Euro schweren Gesamt-Kulturhaushalt liegt halb so hoch.

Dabei sind Stratmanns aktuelle Pläne – über die der Landtag im November abstimmt – noch harmlos gegen das, was jüngst die FDP gefordert hatte. Die will der LAG Soziokultur, die die staatlichen Fördermittel verwaltet und an die unzähligen Projekte und Initiativen verteilt, gleich 350.000 Euro streichen – ein Sechstel des Etats. „Widersinnig“ findet das die Sprecherin der freien Kulturverbände Niedersachsens, Kirsten Hass. Schließlich hätten die Koalitionäre von CDU und FDP selbst beschlossen, die Entwicklung des ländlichen Raums zu stärken. Kürzungen bei der Soziokultur dagegen zerstörten die kulturelle Infrastruktur.

Die Theater-Sparte könnte das gleich doppelt treffen. So arbeitet ein Drittel der freien Theater in Niedersachsen auch oder ausschließlich mit Amateuren. Gerade auf dem platten Land sind so genannte Dorftheater mit Laien eher die Regel. Die Mittel für Theaterpädagogik aber kommen aus dem Topf für Soziokultur, genauso wie das Geld, mit dem Kulturscheunen und -zentren finanziert werden.

Über 100 große und kleine Bühnen mit über 10.000 Veranstaltungen und 3,7 Millionen Besuchern im Jahr, warnt jetzt die LAG Soziokultur in einem offenen Brief, drohten zu veröden, drehe das Land den Geldhahn ab: „Lebensqualität wäre nachhaltig verloren.“ Kabarettisten wie Nessi Tausendschön und Thomas C. Breuer sowie fast alle freien Theatergruppen Niedersachsens haben bereits unterzeichnet. Die Protestnote soll morgen den kulturpolitischen Sprechern der Parteien im Landtag überreicht werden.

Die von Stratmann angekündigten 100.000 Euro weniger, sagt LAG-Vorsitzender Dallmann, wären „gerade noch tragbar“ – allerdings nur, sofern das Land künftig verbindlichere Finanzzusagen mache. Mit reinen „Verpflichtungsermächtigungen“ wolle man sich diesmal nicht mehr abfinden. Vor vier Jahren hatte das Land der LAG Soziokultur nämlich auf diese Weise für die Jahre 2001 bis 2004 jeweils 2,07 Millionen Euro versprochen – woran sich die neue Regierung nicht mehr gebunden fühlt. Dallmann: „Wir haben dazugelernt.“ Armin Simon