: DIE WERBEPAUSE: BRUMMI-FAHRER
Noch scheint der Vater in der Anzeige schwer darüber nachzudenken, was er denn nun mit seinem Kind anfangen könnte. Aus der vor ihm stehenden Tasse dampft es schon längst nicht mehr. Schwer hat ihn das Schicksal getroffen: Der Lkw-Fahrer ist arbeitslos. Geworden.
Die blonde kleine Tochter, die von links in die Anzeige des Bundesverbandes Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e. V. hineinragt, findet das toll. „Super, Frau Merkel“, sagt sie. „Nach Ihrer Mauterhöhung hat Papa den ganzen Tag Zeit für mich.“ Eine kleine Erklärung wurde unter diese Szene gesetzt: Angela Merkel nämlich will (eigenhändig?) die Lkw-Maut um 50 Prozent erhöhen und nimmt so die Streichung von zehntausenden Arbeitsplätzen im Transportgewerbe in Kauf. So könnten sich die Väter demnächst ungewollt intensiv mit Vorlesen und Versteckspielen beschäftigen. Haben sich vielleicht die perfiden CDU-Ladys Merkel und von der Leyen zusammengetan, um auch im Transportgewerbe für den gesellschaftlichen Wandel zu sorgen?
Traurig macht dieses Motiv, sei es in der Zeitung oder auf der Rückseite eines Lasters. Die drohende Arbeitslosigkeit löst bei den Fahrern berechtigte Existenzängste aus. Das war bekannt und kann jeder gut nachvollziehen. Dass aber nun unter den Lkw-Fahrern die Angst vor dem eigenen Kind grassiert, ist neu. Aber verständlich. Wie soll man auch diese kleinen anspruchsvollen Wesen den ganzen Tag lang beschäftigen? Vorlesen und Verstecken sind da schon gute Vorschläge. Aus ein paar leeren Klopapierrollen und unbenutzten Strohhalmen lassen sich auch ganz leicht Mauterfasser bauen, die man garantiert straffrei ummähen kann. Wenn es wirklich hart kommt, einfach durchatmen und denken: „Die will ja nur spielen!“ NAT
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