Krupp geht stiften

Die Stiftung der Industriellen-Dynastie richtet an der Uni Essen-Duisburg den ersten nordrhein-westfälischen Lehrstuhl für Naturheilkunde ein

Das erste universitäre Zentrum für naturheilkundliche Heilverfahren

VON ULLA JASPER

Nach all den weniger erfreulichen Nachrichten über die schwierige und umstrittene Fusion der beiden Unis Duisburg und Essen, kann der Hochschul-Standort endlich mal wieder eine gute Nachricht verkünden. Die Essener Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung richtet an der Medizinischen Fakultät eine Stiftungsprofessur für Naturheilkunde ein. Dies wurde gestern mit einem Grundlagenvertrag zwischen dem Wissenschaftsministerium, der Stiftung und der Uni besiegelt.

Das auf fünf Jahre befristete und mit rund 1,3 Millionen Euro geförderte Projekt ist das erste universitäre Zentrum für die Erforschung naturheilkundlicher Heilverfahren. Schwerpunkt der Forschung sei die traditionelle chinesische Medizin (TCM) und nicht „die anderen, eher umstrittenen Bereiche der Naturheilkunde“, wie ein Mitglied der Krupp-Stiftung, das namentlich nicht genannt werden möchte, ausdrücklich betont.

Besetzt wurde der Lehrstuhl mit Professor Gustav Dobos, der schon seit 1999 als Chefarzt für Innere Medizin und Naturheilkunde am akademischen Lehrkrankenhaus Essen-Mitte arbeitet. „Dort wird das Fach TCM schon heute authentisch vertreten“, so ein Stiftungsmitglied. Der Rektor der Fusions-Uni, Lothar Zechlin, würdigte Dobos in seiner Laudatio als „anerkannten Wegbereiter für die Integrative Medizin“.

Mit der neuen Stiftungsprofessur machen die Krupps aber nicht nur die Essener Mediziner und die Hochschulleitung glücklich, sondern ebenso die Landesregierung. Die wähnt ihre Vision vom Gesundheitsstandort Ruhrgebiet dank des Public-Private-Partnership zwischen öffentlicher Hand und privaten Stiftern schon fast realisiert. Das Land NRW brauche die Kooperation beider Seiten, „um die Wettbewerbsfähigkeit unserer Hochschulen in der Spitzenforschung zu erhalten und weiter auszubauen“, so die Wissenschaftsministerin Hannelore Kraft (SPD) bei der Vertragsunterzeichnung.

Der Landesregierung kommt entgegen, dass Krupp die Professur nicht, wie anfänglich geplant, nach Berlin vergeben hat. Als Grund nannten die Stifter, dass nach den dortigen Umwälzungen und Streichungen in der Hochschullandschaft der Erfolg der Stiftungsprofessur ungewiss gewesen wäre. Dass die Professur nun gerade an die fusionierte und immer wieder von Zusammenlegungen und Einsparungen bedrohte „Uni Essburg“ vergeben wird, mag da überraschen. Doch die Stiftung hat traditionell enge Bindungen an den Uni Standort Essen. In den letzten zwei Jahrzehnten finanzierten die Stifter mehrere Lehrstühle, außerdem war lange im Gespräch, die Gesamthochschule Essen in Krupp-Universität umzubenennen. Spätestens seit der Fusion der beiden Unis sind diese Pläne allerdings vom Tisch.

An dem jetzt gegründeten Essener Lehrstuhl sollen neben Lehrstuhlinhaber Dobos Ärzte, Ernährungswissenschaftler, Grundlagenforscher sowie Sinologen aus Deutschland und China arbeiten. Schon jetzt werden von ihm und seinen Kollegen mehr als 20 wissenschaftliche Projekte und 24 Doktorarbeiten zu naturheilkundlichen Themen betreut. Dobos selbst erhofft sich davon, dass es in Zukunft gelingen wird, die Medizin „zweisprachig“ zu betreiben. Es gehe nicht darum, schulmedizinische Medikamente und Therapien „einfach abzusetzen“, sondern die Erkenntnisse der Naturheilkunde mit denen der Schulmedizin zusammenzuführen.