o.T. 144 x 105 cm. 2003

Matthias Weischer malt neo-realistische Interieurs: menschenleer und mit kleinen Geheimnissen. Das Künstlerhaus Bremen stellt mit der Ausstellung „Simultan“ einen Künstler der „Neuen Leipziger Schule“ vor. Eine Herausforderung an den Betrachter

Den Vorhang mit der Hand gepackt und energisch zur Seite gezogen. Das Gefühl des schweren Brokatstoffes scheint spürbar – in diesem ansonsten leeren Raum. Ganz hinten geht ein Flur ab. Wohin er führt? In ein anderes leeres Zimmer? Gleißendes Licht erfüllt den Gang. Das Interieur ist das zentrale Thema in Matthias Weischers Malerei. Seine Räume sind menschenleer und nur mit wenigen Möbeln gefüllt. Das Künstlerhaus Bremen zeigt jetzt mit der Ausstellung „Simultan“ aktuelle Werke Weischers.

Der 1973 in Westfalen geborene Weischer studierte an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig und ist damit Teil einer Strömung, die als „Neue Leipziger Schule“ bezeichnet wird. Kennzeichen: großer Erfolg mit gegenständlicher Malerei. Nicht nur in den Galerien Berlins und Londons sind die Leipziger Künstler vertreten, sondern auch in New York.

Welten treffen in Weischers Werken aufeinander. Seine Ästhetik ist ist ein kühler Neo-Realismus, der sich immer wieder auf den Surrealismus bezieht. Wie in „o.T. 46 x 46 cm. 2004“: wieder der menschenleere Raum, in der Ecke ein roter Vorhang. Doch er verdeckt kein Fenster, sondern den Durchgang in eine geheimnisvolle Welt. Eine Welt, die sich wie ein grün-türkisfarbenes Meer hineinwälzt in das Zimmer. Der Betrachter muss entscheiden, was er will: Schnell den Vorhang wieder zuziehen – oder eintauchen in das kühle Irgendwas.

Wie eingefroren scheinen die Räume Weischers, wie konserviert. Sie strahlen mit ihrer musealen Ruhe etwas Geheimnisvolles aus. Bieten sie uns einen Raum an? Den Ort zum Träumen? Für unseren Platz im Leben?

Und der Flur, wohin würde er führen, wenn wir uns trauen würden, ihn zu gehen? Und dort die Geheimtür, zwar zutapeziert, aber doch deutlich zu sehen!

Wohin der Weg gehen wird, das muss der Betrachter selbst entscheiden. Die Aufforderung dazu, die Einladung kommt von Matthias Weischer. Man muss sich nur trauen – und sie annehmen. ANNA POSTELS

Bis 17. Oktober im Künstlerhaus Bremen, Mi-So 14-19 Uhr