Hoffen auf Auslandsinvestoren

In Bosnien und Herzegowina finden morgen Kommunalwahlen statt. In der 20.000-Einwohner-Gemeinde Gornji Vakuf werben die Parteien mit Infrastrukturprogrammen um Wählerstimmen

AUS GORNJI VAKUF ERICH RATHFELDER

Noch ist die Straße von Sarajevo nach Gornji Vakuf ein ungeteerter Gornji Vakufter Holperweg. Doch nimmt man die Parolen der politischen Parteien ernst, wird sich dies bald ändern. Am Samstag finden in Bosnien und Herzegowina Kommunalwahlen statt. Und die Kandidaten, die um den Posten des Bürgermeisters der 20.000-Einwohner-Gemeinde Gornji Vakuf kämpfen, wollen vor allem die Infrastruktur dieses zentralbosnischen Örtchens verbessern.

Das ist auch nötig. Denn die Spuren des Krieges sind in diesem von katholischen Kroaten und muslimischen Bosniaken bewohnten Landstrich noch deutlich zu sehen. Das alte Kaufhaus ist ein Trümmerfeld, die Granateinschläge in vielen Häusern sind nur notdürftig geflickt. Mitten im Ort, wo die Frontlinie verlief, befindet sich auch heute noch eine unsichtbare Grenze.

In den Cafés linkerseits sitzen die Bosniaken und trinken ihren Mokka, rechterseits die Kroaten mit ihren Cappuccinos. Links ragen die Minarette der Moscheen in den Himmel, rechts erhebt sich trutzig die katholische Kirche. Doch die Leute sind stolz, dass seit dem Friedensabkommen beider Volksgruppen vom März 1994 Frieden herrscht. „Es gab keine ernsthaften Konflikte,“ sagt Josip Senda, der als lokaler Berichterstatter für kroatische und bosnische Zeitungen arbeitet. Und das nach einem Krieg, der 159 Kroaten und rund 500 Bosniaken das Leben kostete.

Doch einen gemeinsamen Neuanfang habe es erst vor drei Jahren gegeben, als der internationale Sonderbeauftragte für Bosnien, der deutsche CDU-Parlamentarier Christian Schwartz-Schilling, vor Ort erschien und ein lokales Abkommen vermittelte. Seither arbeiten die Nationalparteien, die bosniakische SDA und die kroatische HDZ, zusammen. Die Kinder gehen wieder auf die gleiche Schule, wenn auch in getrennten Schichten. Die Polizei ist gemischt, der bisherige Bürgermeister ist Muslim und sein Vize katholisch.

Das soll sich auch in Zukunft nicht ändern. Vahid Busatlic, Kandidat der bosniakischen SDA, ist Ingenieur und hat große Pläne. Der Mitvierziger will Investoren in die Stadt locken. Denn der Krieg, so Busatlic, habe „alle ärmer gemacht“. Die Möbelfabrik ist bankrott, das Bergwerk stillgelegt, die Textilfabrik pleite, 3.000 Menschen verloren damals ihren Job. Nur die Metallfabrik Tom arbeite mit 130 Leuten weiter, stelle sogar neue ein. Die sich auf die Konstruktion von Lagerhallen spezialisierende Firma habe Aufträge nicht nur aus Bosnien, sondern auch aus Slowenien und Ungarn. Trotz dieses positiven Beispiels sieht die wirtschaftliche Lage düster aus. Nur 2.500 Menschen haben einen schlecht bezahlten Arbeitsplatz, Polizei und Stadtverwaltung sind die größten Arbeitgeber. Die meisten seien Pensionäre, so die Sekretärin, oder lebten von Zuwendungen von Angehörigen, die im Ausland arbeiten.

Die Liste der Kandidaten der SDA zeigt, dass sich die Mittelschichten engagieren. Da ist der Arzt, die Lehrerin, der Ingenieur, die Anwältin. Neun der 25 Kandidaten sind Frauen. Auch bei der kroatischen HDZ haben die nationalistischen Ideologen Plätze an Pragmatiker abgegeben. Und weil auch die in allen Bevölkerungsgruppen aktiven Parteien wie die Sozialdemokraten mit Stimmengewinnen rechnen können, scheint die Stadt sich politisch zu erneuern.

Nervös nippt ein Informant aus der Polizei am Kaffee. „Es gibt noch Leute, die die Strippen ziehen. Die sind nach wie vor gefährlich.“ Dzevat Mlacu zum Beispiel, der im Krieg die Muslime der Region vom Nachbarort Bugojno aus führte, sei 1999 abgesetzt worden, doch habe er nach wie vor Geld und Macht. Er bediene sich religiöser Fanatiker, um die Menschen einzuschüchtern. „Erst wenn die Mafia aus allen Volksgruppen ausgeschaltet ist, werden wir die Lage grundlegend verbessern können.“