Willkommen im Alltag

Vom ironischen Umgang mit Phänomenen des täglichen Lebens: „Blumentopf“ live in der Großen Freiheit

In München wohnen zu müssen ist nicht schön. In der Landeshauptinnenstadt, irgendwo zwischen Bahnhof und Wies‘n, im Rückgebäude zu sitzen und auf den kargen Hinterhof zu starren, in den Oktoberfestbesucher pissen, und zu wissen, dass Edmund Stoiber keine drei Kilometer weiter regiert, macht die Laune nicht besser. Da bietet es sich doch an, in einem Stück sein Barrio ein wenig zu verklären, in dem das tolle Verhältnis zur Nachbarsfrau beschrieben wird. Herzlich willkommen im Alltag von Münchens HipHoppern Blumentopf.

Style ist eben doch nicht alles, will uns dieses Quintett sagen. Es ist in Ordnung, nicht an den Türstehern vorbeizukommen, Probleme mit der Freundin zu haben und vor allem zu besprechen und überhaupt, so ihre Vermutung, möchte einen sowieso jeder Zweite linken. Das wäre die kurze Inhaltsangabe ihres neuen, vierten Albums Gern geschehen. Wäre da nicht in der Mitte „Manfred Mustermann“.

Die über acht Minuten lange melancholische Geschichte von der Wiege bis zur Bahre des ewig an seinen Träumen Gescheiterten markiert das Zentrum der Platte. Der eigene Lebensentwurf wird ex negativo beschrieben, allerdings ohne ihm einen positiven entgegenzustellen. Hier bleibt nichts mehr übrig von der Fröhlichkeit und Ironie, die Blumentopf sonst so auszeichnen. Mal schauen, ob sich die Münchner trauen, das Stück in voller Länge live zu präsentieren.

Denn in ihr Showkonzept passt es sicher nicht. Anders wäre es kaum denkbar, dass die Leser des Hängehosenfachblatts Juice sie zwei Jahre hintereinander zum besten Live-Act erkoren haben. Die Hüpf-und-Spring-Fraktion des Fanblocks wird auf den erstaunlich langen Konzerten bestens bedient. Und möchte sich dabei meist doch nicht so viele Gedanken machen. Schade eigentlich. Eberhard Spohd

heute, 20 Uhr, Große Freiheit; mit Nico Suave & DJ Sparc feat. Phantom Black