Poller warten auf Godot

Bürgerfrust? Kein Wunder! Wenn die Stadt nicht mal für ein paar Basketballkörbe sorgen kann – wie in Poll

Köln taz ■ Dass viele Kölner mit den etablierten Parteien unzufrieden sind, hat die Wahl am letzten Sonntag eindrucksvoll bewiesen. Die Hälfte der Wahlberechtigten blieb den Urnen fern, rund 12 Prozent gab den „Sonstigen“ ihre Stimme. Auch wenn es sicher viele Ursachen dafür gibt: eine dürfte sein, dass die „Etablierten“ oft einfach zu wenig tun – und wenn, dann garantiert das Falsche. Wie bei der Sache mit der Streetballanlage in Poll.

Eine solche Anlage beantragte Ende 1999 der „Runde Tisch e.V. - Jugendarbeit in Poll“ bei den dortigen Stadtverantwortlichen. Der Verein war gegründet worden, nachdem 1996 der letzte offene Jugendtreff seine Tore geschlossen hatte. Nach einem Jahr einigte sich der Runde Tisch mit der Stadt auf einen Standort. In der Nähe der Siedlung, aus der die Bitte nach einer solchen Anlage gekommen war. Ein knappes Jahr später lehnte das Grünflächenamt jedoch den Antrag ab. Da sei ein Biotop, das könnte man nicht einfach tottrampeln. Nach weiteren zwei Jahren klärte sich die Schutzwürdigkeit dieses Fleckchens Poller Erde nach einer innerstädtischen Analyse: Aus dem „Biotop“ stiegen womöglich giftige Dämpfe von dem hier begrabenen Industriemüll auf.

Also: besser nicht dran rühren. 2003 wurde dann eine Ausweichfläche gefunden. Jetzt allerdings meldete sich das Amt für Umweltschutz mit der Auflage, die Streetballanlage müsse einen 100 Meter weiten Mindestabstand von jeglicher Wohnbebauung haben. Was im verknüselten, eng verwuselten Poll nur durch den Abriss mehrerer Straßenzüge möglich wäre. So jedenfalls spöttisch der „Runde Tisch“. Außerdem, so die Amtlichen, müsse eine 2,50 Meter hohe Lärmschutzwand gegen den zu erwartenden Jugendlärm errichtet werden. Eine Auflage, die zahlreichen eingeborenen Pollern wahrscheinlich aus dem Herzen gesprochen ist. So haben gute Poller Bürger schon seit Jahren gegen Flüchtlingsunterkünfte gewettert. Hier kassierten die Rassisten von „Pro Köln“, die bereits zwei Demonstrationen gegen die Flüchtlinge mitorganisiert oder unterstützt hatten, 14 Prozent. Was Wunder, dass auch Jugendliche im Stadtteil keinen eigenen Ort haben. Und seit fünf Jahren auf die Installierung von ein paar Basketballkörben warten. Albrecht Kieser