Freier Rücken für die Besatzungspolitik im Irak

Die USA setzen – trotz Bedenken gegen Irans Regierung – auf einen Kurswechsel. Sie haben im Irak genug zu tun

WASHINGTON taz ■ Der Überraschungserfolg der Europäer in Teheran dürfte von der US-Regierung mit Erleichterung aufgenommen worden sein. Die Amerikaner, die alle Hände voll zu tun haben, den Irak zu befrieden, sind momentan froh über jede Entlastung an anderen Fronten.

Es gilt als sicher, dass die drei europäischen Außenminister bei der außergewöhnlichen Mission nicht auf eigene Faust gehandelt haben, sondern den Segen der USA hatten. Vor der Reise sollen sie mit US-Außenminister Colin Powell gesprochen haben, auch wenn sie dabei nicht um eine formelle Erlaubnis zu den Verhandlungen baten.

Die USA selbst sind in ihrem Verhältnis zum Iran blockiert. Zu groß sind die Spannungen, nachdem George W. Bush das Land als Teil der „Achse des Bösen“ bezeichnete und es stets verdächtigte, sein Nuklearprogramm zum Bau von Atomwaffen zu benutzen. Zu tief sitzt das Misstrauen auf iranischer Seite, haben doch die USA wiederholt zu verstehen gegeben, dass die sich auch im Iran einen Regimewechsel, ähnlich wie in Bagdad, wünschen. Inwieweit die Bush-Regierung nunmehr den Europäern die Strategie überlässt, einen Wandel durch Unterstützung der moderaten islamischen Kräfte zu erreichen, bleibt abzuwarten.

Vorerst werden mit dem Einlenken aus Teheran innerhalb einer Woche gleich zwei Krisenherde entschärft. Denn eine Entspannung zeichnete sich auch mit dem anderen „Schurkenstaat“ Nordkorea ab. Bush signalisierte während seiner Asienreise der Regierung in Pjöngjang erstmals Entgegenkommen. Die USA und andere asiatische Staaten könnten Nordkorea als Gegenleistung für den Verzicht auf ein eigenes Atomprogramm eine schriftliche Sicherheitsgarantie geben. Auch wenn es sich dabei um keinen formellen Nichtangriffspakt handelt, wie von Pjöngjang gefordert, heißt dies im Klartext, Kim Jong Il ereilt nicht das gleiche Schicksal wie Saddam Hussein.

Trotz der unterschiedlichen Vermittlungswege im Iran und Nordkorea zeichnet sich ein Kurswechsel ab. Die Bush-Regierung erkennt, dass sie sich mit dem Irak verhoben hat. Sie sucht (wie im Fall Nordkorea) oder akzeptiert (im Fall Iran) internationale Kooperation und setzt auf Diplomatie. Die Position der Realisten in der US-Regierung um Colin Powell wird dadurch gestärkt. Dem Konzept vom Präventivkrieg, verteidigt von den Hardlinern um Vizepräsident Dick Cheney und Pentagonchef Donald Rumsfeld, droht das stille Begräbnis. MICHAEL STRECK