„Schlecht für die Schwächsten“

Ausländerbeauftragte fürchten: Hartz-Gesetze schubsen Flüchtlinge vom Arbeitsmarkt und in die Sozialhilfe

von Eva Rhode

„Die Arbeitsmarktreform und die Hartz-Gesetzgebung stellt die Schwächsten schlechter.“ Flüchtlinge werden es mit Inkrafttreten der neuen Gesetze auf dem Arbeitsmarkt deutlich schwerer haben, prognostiziert der Bremer Rechtsprofessor Klaus Sieveking. Er fordert: „Man muss sich um diese Gruppe kümmern.“ Sie werde künftig von einer Chance auf Arbeit oder berufliche Fortbildung so gut wie ausgeschlossen. Auch wer schon lange in Deutschland lebe, habe künftig kaum noch Aussichten auf einen sicheren Aufenthaltstitel. „Mit der neuen Gesetzgebung wird die Verschärfung des Ausländerrechts sozialpolitisch vorweggenommen“, sagt Sieveking.

Ähnliches befürchten auch die Ausländerbeauftragten der Länder, die sich heute und morgen in Stuttgart treffen. Einer ihrer Tagesordnungspunkte ist die Benachteiligung dieser speziellen Bevölkerungsgruppe, deren Zahl bundesweit auf rund 260.000 Personen geschätzt wird. „Außerdem wird die nach dem Asylbewerberleistungsgesetz abgesenkte Sozialhilfe für Flüchtlinge ja von den Länderkassen aufgebracht“, sagt die niedersächsische Ausländerbeauftragte Gabriele Erpenbeck. Hier aber würden nicht-arbeitende Flüchtlinge jetzt wohl in größerem Maß landen. „Das wird Protest in den Ländern geben“, ahnt Erpenbeck mit Blick auf die anstehenden Beratungen in Bundesrat, deren Ausgang noch offen ist.

Dass Flüchtlinge, die wegen Abschiebehindernissen schon seit langem hier leben, bald keine Jobs mehr bekommen, gilt als sicher: Wenn sich künftig arbeitslose Deutsche auf jede Stelle bewerben müssen, werden Ausländer auf dem Arbeitsmarkt ganz hinten an stehen. Ihnen dürfte es kaum noch gelingen, das Arbeitsamt davon zu überzeugen, dass dieser oder jener schlecht bezahlte Job nicht von deutschen Staatsbürgern erledigt werden könnte. Nur unter dieser Voraussetzung aber durfte ein Flüchtling mit dem eher wackeligen Status einer Aufenthaltsbefugnis überhaupt arbeiten. Zugleich war eine solche Stelle, die im Fall einer Kündigung mindestens sechs Monate Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe brachte, wiederum der einzige Weg, irgendwann vielleicht eine unbefristete Arbeitserlaubnis und damit auch einen sicheren Aufenthaltsstatus zu bekommen. „Vor allem für Bürgerkriegsflüchtlinge, die unverschuldet nicht in ihre Heimat zurückkonnten, war das einer der wenigen Wege aus der Sozialhilfe“, sagt Sieveking.

Auch Bremens Ausländerbeauftragte Dagmar Lill betont, dass die Flüchtlinge arbeiten und einen Beitrag leisten wollten – anstatt zur Arbeitslosigkeit verdammt in Heimen zu sitzen. Deswegen werden die Ausländerbeauftragten auch beraten, ob nicht „ein aufenthaltsrechtlicher Schnitt“ gemacht werden kann. „Strafrechtlich unbelastete Flüchtlinge, die schon länger als fünf Jahre in Deutschland leben, sollten bleiben können, sofern sie die Dauer ihres Aufenthaltes nicht selbst verschuldet haben“, hofft Lill. Sieveking mahnt, man müsse dem entgegenwirken, dass Drittstaatsangehörige, die unverschuldet in Arbeitslosigkeit geraten, unverhältnismäßig benachteiligt würden. „Das ist eine Gruppe, die sich nicht wehren kann.“