Hannover für Mindens Handballer bloß ein Anhängsel

Fünf Spiele, fünf Niederlagen. Trotzdem: Der Bundesligist GWD Minden-Hannover will in Niedersachsens Hauptstadt das Handball-Fieber wecken

Aufbruchstimmung an der Weser. Während die Geschäftsführung der GWD Minden-Hannover jüngst die großzügige Villa Kaiser Wilhelms II. bezogen hat, wagen die Handballer den Ausflug aus der beschaulichen Mindener Kampa-Halle in die TUI Arena in Hannover. Auf dem Expo-Gelände soll der finanzielle Grundstein für eine gesicherte Zukunft in der ersten Bundesliga gelegt werden. Einzig die Leistung wird den Ansprüchen nicht gerecht.

27:33 hieß es nach 60 frustrierenden Minuten am Samstag gegen die HSG Nordhorn. Nie hatten die Mindener Fans das Gefühl, die Mannschaft von Trainer Rainer Niemeyer besäße eine Chance gegen den spielerisch deutlich überlegenen Gegner. „Was soll ich sagen“, rang ein sichtlich konsternierter Niemayer nach der fünften Niederlage in Folge nach Worten. „Dieses Team ist zu lieb. Wir wollen niemandem wehtun.“ Mit 0:10 Punkten stehen die Westfalen nach dem 5. Spieltag auf dem letzten Tabellenplatz.

Die Publikumsresonanz ist entsprechend. Lediglich 2.498 der 10.200 Plätze in der TUI Arena waren besetzt. Und das bei einem kalkulierten Schnitt von 4.000 Zuschauern. „Wir brauchen 1.000 Mindener und 3.000 aus Hannover“, rechnet Manager Horst Bredemeier vor. Sicherlich habe man mit dem Ortswechsel einige heimische Fans vergrault, aber „die treuen Anhänger kommen auch in das über 90 Kilometer entfernte Hannover“. Am Samstag hatte die Vereinsführung auf lärmende Schüler gesetzt und zahlreiche Freikarten verteilt. Vergeblich. In der Kampa-Halle sei die Atmosphäre immer da, glaubt Trainer Niemayer. Bei der knappen Niederlage gegen Gummersbach vor zwei Wochen habe man sich immer rankämpfen können. „In Hannover fühlt man sich aber wie bei einem Gastauftritt.“ Ein Fanblock, der wie in der TUI Arena sechs Sitzplätze breit und sechs Sitzreihen hoch ist, wirkt tatsächlich eher verloren als motivierend.

Trotzdem beharren die Verantwortlichen darauf, in den nächsten drei Jahren jeweils acht Heimspiele in Hannover auszutragen. „Es gab dazu keine Alternative“, sagt Bredemeier. Wenn die Mindener auch sportlich weiter erstklassig bleiben wollten, müsse der Gang nach Niedersachsen gesucht werden. Hannover ist dabei aus Vereinssicht ein bloßes Anhängsel. Für seine Gastauftritte bekommt der Verein von der TUI Arena eine Million Euro. Dazu kommt „eine breitere Werbewirksamkeit“, glaubt der Manager. Der Saison-Etat konnte so auf 2,6 Millionen Euro erhöht werden. „Nicht der Handball braucht die großen Hallen, sondern die Hallen brauchen den Handball wegen der Auslastung.“ Ein Beleg dafür sei, dass sich bereits 33 Hallen als Spielstätten für die WM 2007 beworben hätten, ist sich Bredemeier, gleichzeitig Vizepräsident des Deutschen Handballbundes, sicher.

Die Mindener sind überzeugt, das „Abenteuer Hannover“, wie es die Lokalpresse nennt, finanziell sauber kalkuliert zu haben. Das zeigt sich auch im Stadionheft zum Spiel gegen Nordhorn: Gleich auf fünf Seiten wird mit dem finanziell angeschlagenen HSV Hamburg hart ins Gericht gegangen. Auch der schafft es nicht, eine für Handballspiele überdimensionierte Color Line Arena ausreichend mit Zuschauern zu füllen. Analogien sieht man bei der GWD Minden nicht.Holger Schleper