Tod an der Elfenbeinküste

Ein französischer Journalist stirbt nach Kopfschuss – abgefeuert von einem Polizisten

Ein französischer Journalist ist am Dienstagabend in der Elfenbeinküste erschossen worden. Der 48-jährige Jean Hélène vom Auslandsradiosender „Radio France Internationale“ (RFI) wurde am Kopf von einer Kugel getroffen, die ein Polizist vor dem nationalen Polizeihauptquartier in Abidjan abgefeuert haben soll.

Noch am Unglücksabend erreichten unter anderem Vertreter der Führungsspitze des westafrikanischen Landes den Tatort: unter ihnen der ivorische Staatschef Laurent Gbagbo, der Premierminister und Innenminister. Auch der französische Botschafter und Vertreter der Vereinten Nationen kamen sofort. Der Präsident Frankreichs, Jacques Chirac, forderte, es müsse alles ans Licht kommen. Der ivorische Staatschef Gbagbo versprach eine Untersuchungskommission. Die Unverzüglichkeit, mit der die politische und diplomatische Prominenz reagierte, deutet an, dass der Tod des westlichen Journalisten mehr als das Ende eines Lebens darstellt.

In ihrem Jahresbericht schreibt die Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen, dass Bedrohung von Leib und Seele, Verhaftungen, Zerstörungen von unliebsamen Redaktionsbüros, Sabotage und fremdenfeindliche Übergriffe in der Elfenbeinküste seit mehreren Jahren üblich seien, sobald eine Krise anstünde.

Der Mord an Hélène macht insofern eine Steigerung der Bedrohung der bürgerlichen Freiheiten deutlich, als offensichtlich die feindselige Stimmung der südlichen, von der Regierung kontrollierten Sicherheitskräfte gegen Regierungskritiker aller Art bis hin zur Bereitschaft für Gewalttaten reicht. Auch wenn der beschuldigte Polizist wahrscheinlich bei dem angeblichen Streit mit dem Journalisten einer Kurzschlussreaktion unterlag. So reiht sich die Tat in die allgemeine Stimmungsmache gegen Vertreter der bürgerlichen Freiheiten ein. Jean Hélène wartete vor der Polizeiwache für ein Interview auf die Entlassung von elf Oppositionellen, die wegen angeblichen Mordkomplotts mehrere Tage verhört wurden.

Moussa Touré, Chefredakteur der regierungskritischen Tageszeitung Le patriote in Abidjan, war ebenfalls am Tatort. Der Polizeichef war nur bereit, mit den anwesenden französischen Journalisten zu sprechen. Als man trotzdem den Fotografen von Le Patriote entdeckte, sei er harsch angegangen worden und musste sein Filmmaterial abgeben, berichtet der Chefredakteur. „Journalisten hatten es hier vorher schon nicht leicht – und jetzt noch schwerer“, sagt Moussa Touré. HAKEEM JIMO