berliner szenen Pierre Brice signiert

Winnetou der Herzen

Ich kaufe das Buch „Winnetou und ich – mein wahres Leben“ für 22,90 Euro und stelle mich in die Schlange von knapp 40 Leuten. Die Dame hinter mir fragt: „Auch ein Fan?“ Ich bin nicht sicher, vielleicht in meiner Kindheit. „Vergessen Sie nicht Bad Segeberg, da hat er jahrelang gespielt, bis er zu alt war.“ „Ja, dann kam Goyko Mitic, der sah auch nicht jünger aus.“

Durch eine blaue Kordel ist eine Gasse abgetrennt, die Schlange mündet bei einer Dame, die die Wunschwidmungen auf kleine Zettel schreibt, die an den Schauspieler weitergegeben werden. Einen Sicherheitsmann muss man passieren, da sitzt er hinter einem Blumenstrauß und einem Stapel seiner Bücher, man würde ihn auf 50 Jahre schätzen, nur die Altersflecken auf seinen Händen lassen erahnen, dass er 75 ist. Sein Hemd changiert zwischen blau und grün, er trägt eine hellbraune Hose. Er signiert nicht nur sein Buch, sondern auch alle Winnetou-Accessoires, mit denen seine Fans erscheinen. Bei Helmut Kohl in Leipzig wurde vorher alles aussortiert, was nicht die offiziellen Memoiren des Kanzlers der Einheit waren.

Durch blaue Kordeln an einem weiteren Sicherheitsmann vorbei geht es hinaus aus dem VIP-Bereich, circa 50 fotografierende Leute haben sich angesammelt, der rbb ist mit einer Kamera dabei. Die Dame spricht mich noch mal an: „Na, der ist doch sehr nett.“ Als ich ihr die Unterschiede in der Abfertigung der Massen bei Helmut Kohl beschreibe und behaupte, dass der wohl doch noch bekannter sei, widerspricht sie: Pierre Brice sei doch sehr viel mehr in den Herzen der Menschen als Helmut Kohl. Aber in Amerika, gebe ich zu bedenken, sei Brice doch eher unbekannt. „Iss ja klar, wegen der Indiana würden se ja nie ’nen Film bringen.“ FALKO HENNIG