Trimble misstraut der Abrüstung in Nordirland

Kurz nach der Verkündung des Durchbruchs stoppt Nordirlands Unionistenchef eine neue Mehrparteienregierung

DUBLIN taz ■ Die Hoffnung auf einen Durchbruch im Nordirland-Konflikt währte nur kurz. Am Dienstagmorgen hatte die britische Regierung angekündigt, dass in der Krisenprovinz am 26. November ein neues Regionalparlament gewählt werden soll. Im Gegenzug musterte die Irisch-Republikanische Armee (IRA) eine erhebliche Menge an Waffen und Sprengstoff aus. Doch am Abend erklärte der Unionistenchef und Friedensnobelpreisträger David Trimble, dass ihm das nicht reiche. „Wir hatten uns auf eine Sequenz von Ereignissen geeinigt“, sagte er. „Wir haben diese Sequenz nun unterbrochen.“ Der kanadische Exgeneral John de Chastelain, der die internationale Abrüstungskommission leitet, hatte am Nachmittag bekannt gegeben, dass die IRA zum dritten Mal eine „bedeutende Menge an Waffen unbrauchbar gemacht“ habe. „Dazu gehören automatische Waffen, Munition, Sprengstoff und Bombenmaterialien“, sagte er. „Die Zahl der Waffen war diesmal erheblich größer als bei den vorangegangenen beiden Malen.“ Da die IRA jedoch verlangt hat, die Details geheimzuhalten, konnte er nichts Genaueres sagen.

Trimble will es aber genau wissen. „Möglicherweise hat ein bedeutender Akt der Abrüstung stattgefunden“, sagte er, „aber es gab keine Transparenz oder einen adäquaten Bericht.“ Deshalb sehe er sich außerstande, die von ihm erwartete Erklärung abzugeben, wonach seine Ulster Unionist Party (UUP) bereit sei, erneut in eine Mehrparteienregierung mit dem politischen Flügel der IRA, Sinn Féin, einzutreten.

Die IRA hat am Dienstag indirekt erklärt, dass der Krieg vorbei sei, indem sie ihre „volle Übereinstimmung“ mit einer Rede des Sinn-Féin-Präsidenten Gerry Adams ausdrückte. Adams hatte darin gesagt: „Wir sind gegen jede Gewalt oder die Androhung von Gewalt für politische Zwecke.“ Trimble bezeichnete die Rede als „sehr, sehr positiv“. Er hatte gehofft, dass der Deal mit der IRA die Kritiker in seiner eigenen Partei zum Verstummen bringen würde. Das Gegenteil ist der Fall. Fast die Hälfte der UUP-Mitglieder ist gegen jede Regierungsbeteiligung von Sinn Féin. Nächsten Mittwoch tritt der Parteirat zusammen, um über die weitere Vorgehensweise zu debattieren. Bis dahin habe die IRA genügend Zeit, den Schaden, den sie angerichtet habe, zu reparieren, sagte Trimble.

Adams sagte jedoch, er wisse nicht, wie die Situation gelöst werden könne. Er sei tief enttäuscht über Trimbles Reaktion. Am Dienstagabend traf sich Adams mit dem britischen Premierminister Tony Blair und dessen irischem Amtskollegen Bertie Ahern, um nach einem Ausweg zu suchen. „Wir müssen es einfach versuchen, versuchen und nochmals versuchen“, sagte Blair. Die Wahlen sollen in jedem Fall stattfinden. Ohne die Kooperation der UUP sind sie allerdings bedeutungslos.

RALF SOTSCHECK