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: Neuer Minipli für Hamburg

Beim Trainerwechsel des HSV –Toppmöller für Jara – kommt man an den haarigen Problemen des Bundesliga-Dinos nicht vorbei

Kurzerhand wurde HSV-Trainer Kurt Jara durch Klaus Toppmöller ersetzt. Und das, böseböse, obwohl das Präsidium dem Österreicher nach der 0:4-Schlappe in Kaiserslautern wiederholt das Vertrauen ausgesprochen hatte. Zwar wurde Jara intern davon in Kenntnis gesetzt, dass sich der HSV mit möglichen Nachfolgern unterhält, öffentlich, wie in Köln, wurde es indes nicht, weshalb Sportjournalisten nun über einen Knigge für Trainer-Entlassungen sinnieren. Macht die Hertha es richtiger als Köln, oder ist der HSV die ungesunde Mischung aus beidem?

„In 41 Jahren Bundesliga waren Trainerwechsel immer ungewöhnliche und extrem schwierige Situationen“, rechtfertigte sich der Vorstandsvorsitzende Bernd Hoffmann. Brav entschuldigte er sich anschließend bei Jara und den Medien, die seit Montag unter Vorgabe falscher Tatsachen berichteten. Dies ermöglichte dem HSV schneller als etwaige Nachahmer (Köln, Hertha) zu sein und den vermeintlich einzig verbliebenen Big-Shot vom Trainermarkt zu fischen.

Gut oder böse? Die Frage vergisst, den Scheinwerfer auf die wirklichen Probleme des mit großen Zielen angetretenen Vereins zu richten. Nicht die Etat-Unterdeckung von 14 Millionen Euro, die sich mit Abfindungen für Jara und gleich drei Co-Trainern noch verschlimmern dürfte, und auch nicht die desolate Defensive des HSV in dieser Saison bereiten Kopfschmerzen – warum sonst hätte man einen erklärtermaßen offensiv ausgerichteten Trainer verpflichten sollen? Die Probleme sind haarigerer Natur und müssen an der Wurzel gepackt werden – an der Haarwurzel.

Anders als in Berlin wurde in Hamburg trotz ähnlich desolater Medienlandschaft keine Hetzjagd auf den Trainer betrieben. Stattdessen hält den Boulevard die Frisur von Dietmar Beiersdorfer in Atem. Dort wird die gekürzte Frisur des Sportdirektors als Indikator der Krise ausgemacht. Angetreten als langbematteter Andersdenker, brachte Beiersdorfer frischen Wind in die mit hanseatischem Filz belegten HSV-Hallen. Seine Innovationsfreudigkeit stellte er aber nicht nur durch Eindruck schindende PowerPoint-Präsentationen unter Beweis, sondern auch dadurch, dass er sein Haar auf freche New-Economy-trifft-Sternschanzen-Länge kürzte. Ein Image, welches sich mit dem hanseatisch aufrichtigen Geschäftsgebaren des pfeffersäckigen Aufsichtsrats biss.

Mit dem vor knapp einem Jahr hinzugestoßenen Vermarktungsprofi Bernd Hoffmann, der als gut bezahlter Präsident nun die Geschicke des Clubs leitet, wurde kräftig weiterrenoviert. Erst Uefa Cup und dann die ganze Welt, lautet ein etwas mittelgescheiteltes Motto des Chefs. Die Rangliste, die den HSV in den vergangenen Jahren nur als neuntbeste Kraft im deutschen Fußball ausweist, hängt zum Ansporn in seinem Büro. Wie viel Geld Manchester United verdient, hängt daneben.

Die durch Kurt Jara eher im Beamtenlook zugeschnittene Mannschaft ergab im Zusammenspiel nach außen tatsächlich ein Stylingproblem. Jetzt soll es der Minipli richten. Klaus Toppmöller trägt die Krausheit des Vereins auf dem Kopf. In selbigem soll ein Team geformt werden, „das wieder an seine Leistungsstärke anknüpft“. Er fühle sich „inspiziert“ vom neuen Verein, sagte er, und hat sich wohl auch versprochen, als er etwas von Titeln von sich gab.

Dass Toppmöller zum HSV passt, ist unbestritten. Immerhin trägt sein Sohn Dino den Namen, den der HSV seinem Maskottchen gegeben hat und der bezeichnet, was der Klub in alter Tradition gern sein möchte. Beim HSV hat man mal nachgedacht – wenn auch nicht besonders lange. OKE GÖTTLICH