Peer Steinbrück macht die Bauern glücklich

Der Ministerpräsident sagt den Bauern Unterstützung für ihren Kampf gegen grüne Politik und EU-Richtlinien zu

DÜSSELDORF taz ■ Acht Monate vor der Landtagswahl ist zwischen den rot-grünen Koalitionspartnern der Düsseldorfer Landesregierung erneut ein Streit um die Landwirtschaftspolitik entbrannt.

Bei einem Treffen mit dem Präsidenten des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbands (WLV), Franz-Josef Möllers, hat Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) angekündigt, dass die Landesregierung die neuen EU-Agrarrichtlinien „eins zu eins“ umsetzen werde. Er unterstützt damit die Kritik der Bauernverbände an der Politik der grünen Umweltministerin Bärbel Höhn. Nach Auffassung der Landwirte hemmt die Umweltministerin mit einer Politik der „Überregulierung“, die über die Vorschriften der EU hinausgehe, die Investitionsbereitschaft im Agrarsektor. Dadurch verschaffe die Landesregierung den nordrhein-westfälischen Bauern Wettbewerbsnachteile gegenüber ihren deutschen und europäischen Kollegen.

Die Kritik des Landwirtschaftsverbandes richtet sich insbesondere gegen die Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie, die seit dem Jahr 2000 in Kraft ist und zu einer Verbesserung nicht nur der Wasserqualität, sondern des gesamten Ökosystems beitragen soll. Zwar enthält die Richtlinie Zielvorgaben, doch die detaillierte Ausgestaltung wird nicht von der EU vorgegeben, sondern muss auf Bundes- und Landesebene erfolgen. Zu dem jetzt vom Umweltministerium vorgelegten Entwurf eines novellierten Wassergesetzes sagte Steinbrück beim Treffen mit der Agrarlobby: „Der Referentenentwurf spiegelt nicht die Meinung des Kabinetts wieder.“ Er forderte darüber hinaus, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen und die Einzelmaßnahmen von Behörden daraufhin überprüft werden müssten, ob sie Investitionen verhindern.

Umweltministerin Höhn reagierte gelassen auf die Kritik der Landwirte und die Parteinahme des Ministerpräsidenten. „Die Aussagen von Peer Steinbrück sind eine Binsenweisheit“, so Höhn zur taz. Natürlich sei der jetzt diskutierte Referentenentwurf noch nicht endgültig. Es sei auch selbstverständlich, dass die gesetzlichen Richtlinien so gestaltet werden müssten, dass Investitionen in der Landwirtschaft nicht behindert würden.

Doch Höhn verweist auf die Vorgaben der EU-Kommission, die eine Novellierung des Wassergesetzes unumgänglich machten: „Die EU-Wasserrahmenrichtlinie muss umgesetzt werden, ob es dem Bauernpräsidenten Möllers passt oder nicht“, so Höhn. Die EU habe Zielvorgaben zum ökologischen Zustand der Gewässer gemacht, die nur erreicht werden könnten, wenn die Landwirtschaft strengere Vorgaben erfülle. Dass die Bauern in NRW unter härteren Vorschriften litten als ihre Kollegen in anderen Bundesländern, bestreitet sie: „Wir haben keine extrem hohen Auflagen.“ Als Beispiel führt Höhn an, dass der baden-württembergische CDU-Landwirtschaftsminister eine ähnliche Gesetzgebung bereits durchgesetzt habe, die von den Landwirtschaftsverbänden nicht kritisiert werde.

Ein weiterer Kritikpunkt des Bauernverbands ist die Umsetzung des EU-Erlasses zur Schweinehaltung. Doch die Ministerin sieht sich im Recht: „Bei der Umsetzung des Schweinehaltungserlasses sind wir an das von der Landesregierung NRW erkämpfte Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Käfighaltung aus dem Jahr 1999 gebunden.“ Das Urteil mache Vorgaben für alle Nutztiere und gehe dabei materiell über die EU-Richtlinie hinaus, so Höhn.

Bernhard Schlindwein vom WLV widerspricht der Ministerin ganz entschieden: „Das Urteil hat keine konkreten Vorgaben gemacht.“ Er findet es außerdem „auffallend“, dass kein anderes Bundesland es für notwendig erachtet habe, mit einem eigenen Schweinehaltungserlass strengere Vorschriften durchzusetzen: „Wir haben hier Vorgaben, die es nirgendwo sonst gibt.“ Die Landwirtschaftsvertreter sind jedoch optimistisch, dass sie sich gegen die Forderungen der Umweltministerin durchsetzen werden, wie Schlindwein erklärt: „Herr Steinbrück weiß um die Bedeutung der Landwirtschaft für das Land NRW und er hat uns mehrfach zugesichert, dass die Richtlinien der EU nur eins zu eins umgesetzt werden.“ ULLA JASPER