Terroristenjäger im Revier

Innenminister Otto Schily im Ruhrgebiet. Auf der Security 2004 informierte er sich über neueste Biometrie-Technik, kündigte fürs nächste Jahr einen neuen Pass an und dankte der Wirtschaft

AUS ESSENPETER ORTMANN

Innenminister Otto Schily (SPD) will in Zukunft Terroristen mit gestochen scharfen Videobildern fangen. „Gesichter verändern sich, biometrische Daten nicht“, sagte er in Essen, wo er sich gestern bei der Security 2004 auf den letzten Entwicklungsstand des Sicherheitsmarktes bringen wollte. Schon vor der offiziellen Eröffnung besuchte der Schirmherr die Messe-Stände von Bosch und Siemens, die mit staatlicher Förderung an der Gesichtsfeld-Erkennung arbeiten. Auch im Hinblick auf die WM 2006 in NRW, bei der Schily mögliche Terror-Angriffe nicht ausschließen wollte. „Deshalb schauen wir uns auch alles an und bereiten uns sorgfältig vor“, bestätigte er der taz.

Die Angst vor Terrorismus strömt Schily aus allen Poren. „Er war der erste Innenminister, der ein Grundrecht auf Sicherheit formuliert hat“, beschreibt ihn Uwe Glock, Vorsitzender im Essener Messebeirat. „Angesichts massiver Gefahren für die innere Sicherheit, dürfen Staat und Gesellschaft nicht aufhören in Sicherheit zu investieren“, sagt Security-Fan Schily, der seit 1999 seinen Etat um 24 Prozent steigern konnte. „Im Haushalt 2005 wird allein um 2,8 Milliarden Euro aufgestockt, davon gehen 70 Prozent in die Sicherheit“, sagt er. Man müsse dem Terrorismus immer einen Schritt voraus sein, in der Vergangenheit sei man leider häufig zu spät gekommen. Jetzt konzentriere man sich besonders auf die Reisebewegungen von verdächtigen Personen. „Die Biometrie ist da sehr attraktiv“, sagt Schily und lobt seinen Feldversuch am Frankfurter Flughafen, wo der Bundesgrenzschutz mit bisher 10.000 Teilnehmern die Iris-Erkennung für den Masseneinsatz probt. George Orwell hat der Minister längst hinter sich gelassen. Neue Strahlenmesstechnik für verdächtige Stoffe, neue Software für Urkundenüberprüfung, ab Herbst 2005 einen neuen Biometrie-Pass für die Bürger. „Faszinierend, was da alles möglich ist“, sagt der 72-jährige, Pin-Nummern könne man in Zukunft sowieso vergessen. „Ich bin dankbar, was in ihren Unternehmen alles entwickelt worden ist“, viele Firmenvertreter bekommen bei seiner Rede feuchte Augen und machen ein schnelles Erinnerungsfoto.

Zum 16. Mal findet die biennale Sicherheitsmesse in Essen statt. Seit kurzem hat sie einen Ableger in den Vereinigten Emiraten. Die größte Ausstellergruppe kommt aus Taiwan, die zweitgrößte aus England. „Das ist ein Weltmarkt der Sicherheit“, sagt stolz Essens Oberbürgermeister Wolfgang Reiniger, hier träfe sich auch die Branche der Sicherheitbeauftragten aus der Wirtschaft. Zwei Tage zuvor habe der Innenminister bereits die neue Philharmonie besucht, die Stadt habe eben viel zu bieten. CDU-Mann Reiniger, der noch in die Stichwahl muss, ist mit Schily und Messe hochzufrieden.

Im Innenhof schlagen derweil kräftige Männer mit Vorschlaghämmern auf Sicherheitsglas. Die Security, die noch bis Freitag ihre gesicherten Tore öffnet, beschäftigt sich nicht nur mit dem Terrorismus. Polizei und Feuerwehr sind Stammgäste, für den Privathaushalt werden schicke Brandmelder, Überwachungstechnik per Handy und die neuesten Sicherheits-Schlösser vorgeführt. Und wer in Zukunft lieber mit einem gepanzerten Porsche durchs Revier düsen will, kann gleich in einer ganzen von zwölf Hallen in Ruhe auswählen, schließlich ist die Messe die Nummer Eins in der Welt.

Am Siemens-Stand leuchtet seit dem Ministerbesuch noch die Schalke-Arena auf dem Laptop. Flink werden einzelne Gesichter aus dem Fanblock gefiltert und in Echtzeit überprüft. „Das ist ein Konzept der Biometrietechnik zur Erhöhung der Sicherheit bei der WM“, erläutert Dieter Conrad. Bestehende analoge Technologie könne in die digitale Video-Überwachung und Zutrittskontrollen eingebunden werden. Was wäre wenn der Strom ausfällt? „Dann werfen wir den Diesel vom Notstromaggregat an“, sagt Conrad.