Stadt schröpft Almosenempfänger

Hilfe gekürzt, weil mit Bettelei Zubrot verdient: Das Sozialministerium überprüft einen Fall in Göttingen

Die Stadt Göttingen hat einem Sozialhilfeempfänger die Unterstützung gekürzt, weil er sich durch Betteln Geld dazu verdient hat. Das Sozialamt sei damit seiner gesetzlichen Verpflichtung nachgekommen, sagte Verwaltungssprecher Detlef Johannson am Freitag.

Ein Mitarbeiter der Behörde hatte den Hilfeempfänger zweimal beim Betteln beobachtet. Einmal zählte er 1,40 Euro und das andere Mal sechs Euro in der Blechdose des Mannes. Daraufhin reduzierte die Stadt auf Basis einer „Hochrechnung“ die monatliche Unterstützung zunächst um 120 Euro und nach einem Widerspruch des Mannes schließlich um 50 Euro.

„Was die Stadt gemacht hat, verletzt die Regeln des Anstandes“, sagte Manfred Grönig vom Paritätischen Wohlfahrtsverband. Göttingen stelle sich damit „an die Spitze des Sozialabbaus“. Formal sei die Verwaltung zwar im Recht. Es sei aber landesweit geübte Praxis, bei bedürftigen Menschen über Bettelei hinwegzusehen.

Die Stadtverwaltung ließ verlauten, dass sie weder in der Vergangenheit nach Bettlern gefahndet habe, noch dies in Zukunft zu tun beabsichtigt. Es habe sich im jetzigen Fall „um das Ergebnis einer Zufallsbegegnung“ gehandelt. Sie räumte aber auch ein, dass bereits zwei- oder dreimal zuvor Einkünfte durch Betteln auf die Sozialhilfe angerechnet worden seien.

Das Sozialministerium hat angekündigt, den Fall zu überprüfen. „Wir haben von der Stadt Göttingen eine Stellungnahme angefordert“, sagte Sprecher Thomas Spieker. Das Ministerium habe den Sozialämtern vor einiger Zeit den Hinweis erteilt, dass freiwillige Zuwendungen Dritter bis monatlich 50 Euro nicht auf die Sozialhilfe angerechnet werden sollen. TAZ / DPA