Cheney vs. Edwards: unentschieden

Wahlkampfthema Irak: Bei der Fernsehdebatte der US-Vizepräsidentschaftskandidaten wiederholten Dick Cheney und John Edwards ihre bekannten Positionen – gewinnen konnte niemand. Morgen folgt die zweite Debatte zwischen Bush und Kerry

„Ich habe Sie heute Abend auf der Bühne überhaupt zum ersten Mal gesehen.“ Cheney

AUS WASHINGTONMICHAEL STRECK

Normalerweise interessiert sich im US-amerikanischen Wahlkampf kaum jemand für die Fernsehdebatte der Vizepräsidentschaftskandidaten – doch das war diesmal anders, als der amtierende Vize Dick Cheney und sein Gegenspieler John Edwards am Dienstagabend in Cleveland vor die Kameras traten. Die Demokraten wollten den neuen Schwung aus der ersten überraschend gewonnenen Debattenschlacht John Kerrys gegen Präsident Bush aufrechterhalten. Die Republikaner hofften, verlorenes Terrain von vergangener Woche wettzumachen.

Das TV-Duell Dienstagnacht wurde wie nicht anders zu erwarten vom Irakkrieg dominiert. Cheney wich keinen Zentimeter von der Position der Regierung zurück und beharrte darauf, das die Invasion im Zweistromland „genau das Richtige war“. Edwards warf Cheney mit Blick auf die chaotische Situation im Irak wiederholt vor, „nicht die Wahrheit zu erzählen“. Er versuchte, Cheney als Kriegstreiber zu entlarven, der unbelehrbar an der längst widerlegten Verbindung zwischen Saddam Hussein und al-Qaida festhält.

Diese Angriffslinie hatte Anfang der Woche neue Munition bekommen, nachdem Pentagon-Chef Donald Rumsfeld einer verblüfften Öffentlichkeit erklärte, dass auch er keine Beweise für die Terror-Connection zwischen Hussein und Ussama Bin Laden habe.

Wie sehr der Irak dem Weißen Haus derzeit zu schaffen macht, ließ selbst der mit allen Wassern gewaschene Cheney erkennen. Öfters geriet er in Erklärungsnöte. Doch meist berappelte er sich und bemühte sich nach Kräften, die Integrität seines Gegenspielers zu beschädigen, ihn als wankelmütigen und opportunistischen Liberalen zu brandmarken.

Der Debütant Edwards stand vor allem in außenpolitischen Fragen manchmal auf wackligen Füßen. Er nutzte viele Steilvorlagen nicht, zum Beispiel als es um die völlige Aufgabe der US-Vermittlerrolle im Nahost-Konflikt ging. Wenn es für ihn brenzlig wurde, rettete er sich auf einen alten Trick von Robert McNamara, Pentagonchef unter Präsident John F. Kennedy: Antworte nie auf Fragen, die dir gestellt werden, sondern auf die, von denen du dir gewünscht hättest, dass sie gestellt worden wären. Dann verlegte er sich auf seine Lieblingsthemen Gesundheitsmisere, Armut, Jobverluste und attackierte Cheneys Verbindungen zum texanischen Ölkonzern Halliburton. Unter dessen Vorsitz seien Geschäfte „mit eingeschworenen Feinden Amerikas“ gemacht worden, heute werde gegen das Unternehmen aufgrund dubioser Auftragsvergaben im Irak ermittelt.

Cheney konterte mit persönlichen Schmähungen. Er verspottete Edwards, ständig die Sitzungen im Senat zu versäumen. „Ich habe Sie heute Abend auf der Bühne überhaupt zum ersten Mal gesehen.“ Am Ende spielte er die „Angstkarte“ und zeichnete düstere Szenarien, in denen Terroristen Nuklearbomben in US-Städten zünden würden, sollte John Kerry die Wahl gewinnen.

Genauso hatten sich beide Wahlkampfteams die Rollen der Duellanten vorgestellt: den Gegner mit harten Schlägen angreifen, versuchen, ihn persönlich zu diskreditieren, und mittels aufwallender Emotionen die eigene Wählerbasis mobilisieren. Nach allgemeiner Einschätzung endete die Debatte mit einem Unentschieden – schwer vorstellbar, dass sich unentschlossene Wähler haben überzeugen lassen. Die Last liegt damit wieder auf den Schultern der Hauptakteure Bush und Kerry, wenn sie sich am Freitag zum zweiten Mal live gegenüberstehen.